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Mechanische Reprogrammierung für das Gewebe

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Forschende aus der Schweiz haben Bindegewebszellen, die mechanisch zu stammzellenähnlichen Zellen umprogrammiert wurden, in verletzte Haut transplantiert. In ihrem Laborversuch konnten sie zeigen, dass dadurch die Wundheilung gefördert werden kann.

Fibroblasten spielen eine wichtige Rolle bei der Hautregeneration und Wundheilung. Prof. G.V. Shivashankar, Leiter des Labors für Biologie im Nanobereich am PSI und Professor für Mechanogenomik an der ETH Zürich und seinem Team gelang es, diese Fibroblasten in teilweise stammzellenähnliche Zellen zurückzuverwandeln. Anders als pluripotente Stammzellen, die sich in nahezu alle Zellenarten entwickeln können, sind die stammzellenähnlichen Fibroblasten auf das Bindegewebe beschränkt. Dennoch befinden sie sich in einem ursprünglicheren Zustand mit noch mehr Möglichkeiten der Entwicklung als die eigentlichen Fibroblasten. Die Forschenden griffen weder auf Gentechnik noch auf Chemikalien zurück, sondern erreichten die Reprogrammierung der Zellen durch eine rein mechanische Anregung.

Dafür betteten sie die Fibroblasten in eine Art Gitter aus Fibronektin. Durch die enge Umzäunung des Gitters finden bei der Zellteilung jeweils nur etwa vier Fibroblasten pro Fläche nebeneinander Platz. Teilen sich die Fibroblasten dann weiter, so müssen sie sich in die dritte Dimension ausbreiten, also nach oben. „Das Verblüffende ist, dass sie bei diesem Übergang offenbar die gespeicherte Information über ihre Form und Funktion verlieren. Sie vergessen quasi, wozu sie ursprünglich da sind“, sagt Shivashankar. Aus den Fibroblasten werden also allein durch das Wachstum unter räumlicher Einschränkung stammzellenähnliche Zellen.

„Dabei ist es wichtig, das Gitter so zu wählen, dass es nicht schon die einzelne Ursprungszelle einzwängt, denn dann stirbt sie“, erklärt Shivashankar weiter. „Die Zelle darf erst beim Teilen auf das Hindernis stoßen, dann verwandelt sie sich.“ Mit vergleichsweise geringem Aufwand erhielten die Forschenden so viele stammzellenartige Fibroblasten.

Für ihren Versuch entnahmen die Forschenden gealterte Zellen aus echter Haut, programmierten sie mit ihrer Methode zu stammzellenähnlichen Fibroblasten um und setzten sie anschließend im Labor in ein Modell für altes, verletztes Hautgewebe ein. „Die Zellen begannen, wieder vermehrt Proteine zur Bildung neuer Haut zu produzieren. Die Regeneration und Wundheilung beschleunigte sich erheblich im Vergleich zu einer Transplantation von unveränderten Zellen“, berichtet Shivashankar. Das lag daran, dass die Reprogrammierung auch die funktionellen Fehler ausradierte, die die alten Zellen während der Alterung angesammelt hatten.

Eine Alternative zur etablierten Hauttransplantation

Die Forschung der Gruppe um Shivashankar ist dadurch motiviert, dass die derzeit etablierten Therapien bei größeren Hautverletzungen limitiert sind. Die sogenannte zellbasierte Therapie kommt beispielsweise nach Hautverbrennungen zum Einsatz: Gesundes Gewebe wird dann anderswo am Körper entnommen und an der verletzten Stelle eingesetzt. Alternativ lässt sich auch das Zellgewebe eines anderen Menschen transplantieren. Jedoch haben beide Methoden ihre Grenzen: Das von einer anderen Person transplantierte Gewebe kann Abstoßungsreaktionen auslösen. Und auch bei Eigenhaut älterer Personen ist es oft schwierig, genügend davon in ausreichender Qualität zu gewinnen.

Teils reprogrammierte, stammzellenähnliche Fibroblasten bieten hier einen Ausweg. Sie haben die besondere Eigenschaft, dass sie sich in einem undifferenzierten, sozusagen jugendlichen Zustand befinden. Je nachdem in welchem Umfeld sie sich vermehren, können sie zu verschiedenen Arten von Zellen heranreifen, also auch zu Hautzellen.

Die Idee der Reprogrammierung von Zellen geht auf das Jahr 2006 zurück. Damals fand der japanische Forscher Shinya Yamanaka einen Weg, ausgereifte Körperzellen per Gentechnik in Stammzellen zurückzuverwandeln. Yamamaka entdeckte vier Gene, um die Reprogrammierung einer Zelle auszulösen: die sogenannten Yamanaka-Faktoren. Pflanzt man diese in eine Zelle ein, erhält man das, was fortan als iPS-Zelle («induzierte pluripotente Stammzelle) bekannt wurde.

Interessant für Medizin und Kosmetik

Eine der Fragen, der die PSI-Gruppe aktuell nachgeht, ist, welche Mechanismen genau die Reprogrammierung infolge von Eingrenzung bewirken. Schon seit vielen Jahren untersuchen die Forschenden um Shivashankar, wie die Zellgeometrie mit der Genexpression zusammenhängt. Denn je nachdem wie die DNA im Zellkern verpackt und womöglich eingezwängt ist, können bestimmte Gene nicht abgelesen werden, woraus wiederum gewisse Krankheiten resultieren. Im Zuge dieser Untersuchungen hat die Gruppe ein Computerprogramm mit künstlicher Intelligenz trainiert, das in den Bildern von Zellkernen die entsprechenden Merkmale erkennt und somit die Frühdiagnose von Krankheiten verbessert.

Um ihr aktuelles Forschungsergebnis zur Wundheilung abzurunden, sind nun Versuche mit nicht im Labor hergestellter, echter menschlicher Haut vorgesehen. Shivashankar ist überzeugt, dass sich der bisherige Erfolg auch hier wiederholen lässt. Zudem müsse es nicht nur bei medizinischen Zwecken bleiben: „Auch kosmetische Anwendungen sind denkbar“, sagt Shivashankar. Über Hautgewebe hinaus sei auch die Regeneration von Muskel- oder Gehirnzellen denkbar.

Roy B et al. Implanting mechanically reprogrammed fibroblasts for aged tissue regeneration and wound healing. Aging Cell 2023 Nov 27:e14032.

Paul Scherrer Institut (PSI). 28.11.2023

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