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Durchbruch oder Stillstand bei der Ambulantisierung stationärer Leistungen nach § 115f SGB V?

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Im Rahmen eines Livestreaming-Formats des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung „Zi insights“ mit dem 1. Vorsitzenden des Berufsverbands für Arthroskopie, PD Dr. Ralf Müller-Rath und dem Präsidenten des Verbands der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK), PD Dr. Michael A. Weber, wurde über die Zukunft der sektorengleichen Vergütung diskutiert.

Hintergrund ist laut Zi, dass viele medizinische Leistungen, die eigentlich ambulant vorgenommen werden können, in Deutschland immer noch überwiegend stationär erbracht werden. Oftmals zu einem deutlich höheren Preis. Das koste viel Geld und belaste das Gesundheitswesen. Die Politik habe das erkannt und wolle den auch im internationalen Vergleich deutlichen Rückstand bei der Ambulantisierung aufholen. Daher sei mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) der § 115f SGB V beschlossen worden. Dieser sieht „eine spezielle sektorengleiche Vergütung“ vor, die unabhängig davon gezahlt werden soll, ob der Eingriff ambulant oder stationär vorgenommen wird.

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband sollten bis zum 31. März 2023 vereinbaren, für welche Leistungen aus dem Katalog des Ambulanten Operierens nach § 115b SGB V diese Vergütung erbracht wird. Die drei Selbstverwaltungspartner konnten in der vorgegebenen Frist jedoch keine Einigung erzielen, so das Zi und erklärt: Die widerstreitenden Positionen der Vertragsparteien betrafen zum einen den Umfang und Zeitpunkt der Ambulantisierung. Der Vorschlag der KBV umfasste deutlich mehr Operationen aus verschiedenen Leistungsbereichen, die ab April mit den neuen Fallpauschalen hätten vergütet werden können. Die KBV hatte die Leistungen entsprechend der gesetzlichen Vorgabe – hohe Fallzahl im Krankenhaus, kurze Verweildauer und geringer klinischer Komplexitätsgrad – ausgewählt. Die Krankenkassen und die DKG wollten hingegen nur mit einem sehr eng begrenzten Leistungsspektrum starten. Nun ist das Bundesministerium für Gesundheit am Zug. Per Rechtsverordnung muss es die entsprechenden Leistungen und die spezifische Vergütung bestimmen.

Bei der Zi-Veranstaltung stand daher die Frage im Vordergrund, was aus Sicht der betroffenen Ärzte im Kontext des Krankenhauses oder der vertragsärztlichen Versorgung jetzt wichtig ist.

Für das Zi wurde dabei deutlich, dass das ambulante Operieren übereinstimmend als ein Schlüssel für ein effizientes und qualitätsorientiertes Gesundheitssystem von morgen bewertet wird. Nach wie vor gelte Deutschland als eines der OECD-Länder mit einem vergleichsweise geringen Ambulantisierungsgrad. Der Handlungsdruck, die Sektorengrenzen zu überwinden, habe aber auch hierzulande, nicht nur vor dem Hintergrund wachsender Personalengpässen, immer weiter zugenommen, erklärte Weber. Die sektorengleiche Vergütung sei jetzt notwendig, damit Krankenhäuser zügig die notwendigen organisatorischen und teils baulichen Voraussetzungen dafür schaffen könnten. Es sei weithin unbestritten, dass das ambulante Operieren in Zukunft intersektoral deutlich ausgeweitet werden müsse. Auch weitere stationsersetzende Leistungen sollten perspektivisch hinzugezogen werden.

„Für den Katalog der ambulantisierbaren Leistungen sehen wir ein Potenzial von rund 2500 medizinischen Leistungen. Da dieselbe Leistung bei sehr unterschiedlichen Patientinnen und Patienten durchgeführt werden kann, unterscheiden sich die jeweiligen ambulantisierbaren Anteile je infrage kommender diagnosebezogener Fallpauschale (Diagnosis-Related Group; DRG). Um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu wahren, braucht es ein System der Kontextberücksichtigung. Dies ermöglicht, auf Grundlage nachprüfbarer Krankheits- und Behandlungsumstände zu entscheiden, ob Patientinnen und Patienten ambulant, ambulant mit erhöhtem Betreuungsaufwand oder doch stationär versorgt werden. Deshalb sollten zunächst Erfahrungen mit einem halbwegs überschaubaren Katalog gesammelt werden, in dem vor allem auf hochfrequente Leistungen mit überwiegend geringem Komplexitätsgrad fokussiert wird. Wichtig ist, dass jetzt endlich Schwung ins System kommt“, so Weber weiter.

Auch der niedergelassene Orthopäde und Unfallchirurg Müller-Rath verwies in der Diskussion auf das immense Potenzial der Ambulantisierung anspruchsvoller medizinischer Versorgungsleistungen: „Das ambulante Operieren ist für uns niedergelassene Chirurgen seit vielen Jahren absoluter Standard und entspricht höchsten Qualitätsanforderungen, obwohl die bisherige vertragsärztliche Vergütung dafür nicht ausreichend ist. Deshalb gehören arthroskopische Leistungen seit Jahren zu den häufigsten überwiegend stationär vorgenommenen Behandlungen. Sie könnten komplett in den Leistungskatalog der sektorgleichen Vergütung übertragen werden – in einer Anfangsphase bereinigt um die rekonstruktiven Eingriffe. Mit den Vergütungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab könnten wir die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen aber nicht refinanzieren.“

Sowohl Weber wie Müller-Rath betonten, dass die pauschalierte Vergütung sektorgleicher Leistungen Sachkosten nicht enthalten dürfe. Zudem müsse die Abgrenzung des Leistungsinhalts auf die eigentliche Leistung und den Zeitraum begrenzt sein, der einer unmittelbaren Kontrolle durch die operierenden Einrichtungen zugänglich sei. Gänzlich untauglich seien Konzepte, nach denen der Geltungsbereich der Pauschale alle Leistungen an operierten Patientinnen und Patienten postoperativ noch Wochen nach der eigentlichen Behandlung umfassten.

Der stellvertretende Zi-Vorstandsvorsitzende Thomas Czihal machte sich in der gemeinsamen Diskussion um die Perspektiven einer sektorenübergreifenden Vergütung für eine anreizorientierte Preisbildung stark: „Um die Ambulantisierung zu fördern, muss das Preisgefälle im Vergleich zur bisherigen stationären Durchführung in den ersten Jahren möglichst gering sein. Nach unseren Berechnungen beträgt die Vergütung der stationären Durchführung von Leistungen des Abschnitts 1 des AOP-Katalogs durchschnittlich rund das Vierfache der Vergütung einer ambulanten Leistungserbringung. Eine möglichst hohe Vergütung für die ambulante Durchführung wird ein wichtiger Anreiz zur Förderung der ressourcenschonenderen ambulanten Behandlung sein. Wichtig ist nunmehr ein pragmatischer Einstieg und eine Neubewertung der Leistungen bzw. eine auf empirische Kostendaten gestützte Neukalkulation der Vergütung nach zwei bis drei Jahren Erfahrung mit der sektorengleichen Vergütung.“

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