Zoonosen: Definition, Erreger & Prävention
Der Mensch stammt aus dem Tierreich. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass manche Krankheitserreger von Tieren auf den Menschen übertragen werden können. Auch die Gegenrichtung, also Infektionen, die von Menschen an Tiere weitergegeben werden, sind möglich. Solche Erkrankungen heißen Zoonosen. Die verschiedenen Erregerarten verursachen dann Infektionskrankheiten. Lesen Sie hier, welche Zoonosen es gibt und wie Sie sich vor ihnen schützen können!
Was ist eine Zoonose?
Was sind Zoonosen? Zoonosen sind Krankheiten, die sowohl bei Menschen als auch beim Tier vorkommen Die Weltgesundheitsorganisation definiert Zoonosen so: “Krankheiten und Infektionen, die auf natürlichem Wege zwischen Wirbeltieren und Menschen übertragen werden.” Weltweit sind über 200 verschiedene Zoonosen bekannt.
In der Biologie und Medizin unterscheidet man zwischen verschiedenen Formen der Zoonose, je nachdem in welche Richtung und wie die Erreger übertragen werden. Die Krankheiten lassen sich auch nach der Art der Übertragung zwischen den Lebewesen unterteilen.
Einteilung der Zoonosen nach Hauptinfektionsrichtung
Bei Zoonosen unterscheiden Wissenschaftler, ob die Erreger von Tieren auf den Mensch übergehen oder vom Menschen auf Tiere. Sie sprechen auch von der Infektionsrichtung. Bei manchen Krankheitserregern sind auch beide Infektionsrichtungen möglich.
Die Fachbegriffe für die drei Infektionsrichtungen lauten:
- Zooanthroponosen: Die Erreger gehen überwiegend aus dem Tierreich auf den Menschen über.
- Anthropozoonosen: Der Mensch überträgt die Krankheitserreger auf Tiere.
- Amphixenosen: Die Übertragung erfolgt wechselseitig. Das bedeutet die Erreger können sowohl von Tieren auf den Menschen übertragen werden als vom Menschen auf Tiere.
Einteilung der Zoonosen nach Übertragungswegen
Auch der Weg, wie die Krankheitserreger von einem Lebewesen auf ein anderes übergehen, kann bei Zoonosen sehr verschieden sein. Diese Möglichkeiten der Übertragung gibt es:
- Direktzoonose: Übertragung durch direkten Kontakt oder einen mechanischen Vektor wie zum Beispiel Wind
- Latente Zoonose: Der Krankheitserreger benötigt einen Zwischenwirt. Dort reift er heran, verlässt den Zwischenwirt und besiedelt erst dann den Endwirt. Ein Beispiel dafür ist der Rinderbandwurm.
- Metazoonose: Wirbellose Tiere wie Mücken, Läuse oder Zecken sind Zwischenwirte für die Erreger. Bei einem Biss oder Stich von einem infizierten Zwischenwirt, gelangen die Krankheitserreger in den Körper des Menschen und verursachen Erkrankungen wie zum Beispiel FSME.
- Saprozoonose: Die Erreger, beziehungsweise bestimmte Zwischenformen des Erregers (z.B. Larven), befinden sich nicht in anderen Tieren, sondern im Boden oder in Gewässern. Über den Kontakt zu diesen Erreger gelangt er in einen (Zwischen)Wirt.
- Zyklozoonosen: Während ihrer Entwicklung benötigen die Erreger verschiedene Wirte – sie müssen zwischen verschiedenen Wirbeltieren wechseln. Wie viele Wirte notwendig sind, bis der Erreger seinen Endwirt erreicht, ist unterschiedlich.
Zoonosen von A bis Z
Wie kann ich mich mit einer Zoonose infizieren?
Da verschiedene Arten von Erregern zwischen Menschen und Tieren übergehen können, gibt es auch sehr verschiedene Wege sich zu infizieren. Zu den Übertragungswegen von Zoonosen zählen:
- Schmierinfektionen: Bei der Schmierinfektion (auch Kontaktinfektion genannt) gelangen Krankheitserreger über eine Kette von Berührungen von einem Organismus zum nächsten. Das geschieht zum Beispiel direkt von Mensch zu Mensch oder bei Zoonosen direkt von einem Tier auf den Menschen. Erreger können auch an Gegenständen haften.
- Bissverletzungen: Wird ein Mensch von einem infizierten Tier gebissen, können Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien in die Bisswunde gelangen und den Menschen anstecken.
- kontaminierte tierische Nahrungsmittel (z.B. Fleisch, Milch, Eier): Wer zum Beispiel das Fleisch infizierter Tiere verspeist, kann krank werden. Ein Beispiel für diesen Übertragungsweg ist der Rinderbandwurm. Das Fleisch kann Eier des Parasiten enthalten, die sich dann im menschlichen Darm ansiedeln.
- Vektoren (z.B. Wind, Mücken, Läuse, Zecken, Flöhe): Ein Vektor überträgt einen Krankheitserreger auf den Menschen. Der Wind kann als mechanischer Vektor fungieren. Bei Zoonosen sind es allerdings wirbellose Tiere, die die Erreger bei einem Biss oder Stich in den menschlichen Organismus transportieren.
Zoonose-Erreger
Verschiedene Krankheitserreger können Zoonosen auslösen. Dazu gehören:
Zoonotische Viren
Ein Virus ist eine einfach aufgebaute, organische Struktur. Es besteht aus einem oder mehreren Molekülen, manche Viren sind zum Teil von einer Eiweißhülle umgeben. Die Moleküle enthalten das Erbgut der Viren in Form von DNA oder RNA. Hier ist die Information für die Vermehrung der Viren gespeichert.
Viren verfügen über keinen eigenen Stoffwechsel. Um sich vermehren zu können, benötigen Viren einen Wirt. Das Virus dringt in die Zellen des Wirtes ein und nutzt den Stoffwechsel des fremden Organismus, um sich dort zu vervielfältigen. Auf diese Weise breitet sich das Virus dann in den Zellen des Wirts aus und zerstört diese.
Die folgenden Viren können von Tieren auf den Menschen übergehen und umgekehrt:
Hinweis:
Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel, keine eigene Energiegewinnung und keine Möglichkeit, Proteine herzustellen. Streng genommen gehören sie nicht zu den Lebewesen.
Bakterien
Bakterien bestehen aus Zellen ohne Zellkern. Ihre Erbinformation befindet sich in Form von DNA direkt im Zellinneren. Es gibt eine große Vielzahl von Bakterien. Einige leben in symbiotischer Koexistenz mit dem Menschen, zum Beispiel auf der Hautoberfläche oder im Darm.
Andere Bakterien sind allerdings schädlich für den Menschen. Sie verursachen verschiedene Erkrankungen. Auch Bakterien können von Tieren auf den Menschen übertragen werden – oder andersherum. Die folgenden Bakterien und die Krankheiten, die sie verursachen, gehören zu den Zoonosen:
- Bacillus anthracis: Diese Bakterien verursachen Milzbrand, auch Anthrax genannt
- Borrelia: Der Erreger ist verantwortlich für die Erkrankung Borreliose
- Brucella: Löst die Krankheit Brucellose aus
- Campylobacter: Verursacht Durchfallerkrankungen
- Coxiella burnetii: Auslöser für das sogenannte Q-Fieber
- Escherichia coli: Erreger verschiedener Durchfallerkrankung, untere anderem EHEC
- Francisella tularensis: Bakterien lösen Tularämie (Hasenpest) aus
- Mycobacterium tuberculosis-Komplex: Verschiedene Bakterien, die Tuberkulose auslösen
- Rickettsien: Bakterien, die durch Flöhe, Läuse, Zecken oder Milben übertragen werden und beim Menschen Fiebererkrankungen verursachen
- Staphylokokken: Verursachen Infektionen in verschiedenen Körperregionen (z.B. Haut, Gelenke, Organe)
- Vibrionen: Es gibt sogenannte Nicht-Cholera-Vibrionen und Choleratoxin-bildende Vibrio cholerae. Die Bakterien Vibrio cholerae verursachen die Krankheit Cholera.
Parasiten
Parasiten sind Organismen, die einen Wirt für die Nahrungsversorgung oder als Lebensraum nutzen. Der Wirt dient also der Ernährung und der Fortpflanzung der Parasiten und hat keinerlei Vorteile aus diesem ungewollten Zusammenleben.
Es gibt viele verschiedene Parasiten. Sie können sowohl aus einer als auch aus mehreren Zellen bestehen. Einzellige Parasiten sind etwa:
- Leishmanien: Werden von Mücken übertragen und verursachen Leishmaniose
- Toxoplasma gondii: Parasiten, die im Kot von Katzen vorkommen und beim Menschen Toxoplasmose auslösen
- Plasmodien: Verursachen die tropisch-subtropische Infektionskrankheit Malaria. Je nach Erregertyp entwickeln sich verschiedene Formen der Erkrankung.
Mehrzellige Parasiten nennt man auch Helminthen. Sie sind umgangssprachlich allerdings besser bekannt als Würmer. Zu den parasitären Zoonosen der Helminthen gehören:
- Plattwürmer unterteilt man in:
- Saugwürmer: Pärchenegel (Schistosomiasis) verursacht Bilharziose
- Bandwürmer: Hunde- oder Fuchsbandwürmer verursachen die Krankheit Echinokokkose
- Zu den Fadenwürmern und Rundwürmern gehören:
Pilze
Pilze bilden sind neben Pflanzen und Tieren die dritte große Gruppe der Lebewesen mit Zellkern. Siedelt sich ein Pilz am oder im menschlichen Körper an, handelt es sich um eine Mykose. Pilze können verschiedene Krankheiten verursachen. Sie betreffen häufig Haut, Schleimhäute und Nägel.
Einige Pilzinfektionen können vom Tier auf den Menschen übergehen. Dazu gehören:
- Kryptokokkus: In Vogelkot vorkommender Hefepilz, der vor allem Lungenentzündungen (Pneumonie) auslöst
- Trichophyten: Fadenpilze, die Haut, Haare und Nägel befallen und schädigen
- Mircrosporum canis: Fadenpilz, der von Hunden (aber auch Katzen) auf den Menschen übertragen wird; er befällt die Haut (Kopfhaut, Gesicht, Rumpf und Extremitäten)
Prionen
Als Prionen bezeichnet man Eiweiße (Proteine), die im menschlichen Körper zwar natürlicherweise vorkommen, aber auch gesundheitsschädigend sein können. Prionen sind als Krankheitserreger erst seit einigen Jahren bekannt und noch nicht abschließend erforscht. Wissenschaftler vermuten, dass Prionen entstehen, wenn ein normales Eiweiß fehlerhaft gefaltet wird.
Die veränderte Struktur geht auf andere Eiweiße des Körpers über. Diese Veränderungen können vereinzelt vorkommen oder durch einen genetischen Defekt verursacht werden. Zu den zoonotischen Prionen-Krankheiten gehört zum Beispiel die Creutzfeld-Jakob-Krankheit, eine tödlich verlaufende Erkrankung des Nervensystems.
Abgesehen von Zoonosen gibt es eine Vielzahl an Infektionskrankheiten. Welche dazugehören und wie sie behandelt werden, erfahren Sie auf der Themenseite “Infektionskrankheiten”.
Schutz vor Zoonosen
Um sich effektiv vor Zoonosen zu schützen, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich.
Hygienemaßnahmen
Es gibt verschiedene Hygienemaßnahmen, die Sie vor einer Infektion mit einer Zoonose schützen. Dazu zählen:
- regelmäßiges und gründliches Händewaschen oder -desinfizieren
- Haushaltshygiene (vor allem, wenn Tiere im Haushalt leben)
- kein direkter Kontakt zu Tierkot
Auch die richtige Hygiene bei der Essenszubereitung schützt vor Zoonosen:
- Trinken Sie in Urlaubsländern nur Wasser aus verschlossenen Flaschen oder abgekochtes Wasser
- Verzichten Sie auf den Verzehr von rohem Fleisch oder Eiern
- Braten Sie das Fleisch vor dem Verzehr gut durch, das tötet Erreger ab
In der Natur können Sie sich mit Erregern von Zoonosen infizieren. Deshalb gilt:
- Vermeiden Sie Kontakt zu toten Tieren
- Fassen Sie keine Wildtiere an
- Trinken Sie kein Wasser direkt aus einem See oder Fluss
- Verzehren Sie keine Pilze oder Früchte aus Bodennähe
- Suchen Sie sich nach dem Aufenthalt in der Natur auf Zecken ab
- Schlafen Sie beim Camping unter einem Moskitonetz
- In (sub-)tropischen Gebieten: Bedecken Sie den Körper mit Kleidung und nutzen Sie auf unbedeckter Haut Insektenabwehrmittel
Impfungen
Impfungen bieten den wirksamsten Schutz vor einer spezifischen Infektion. Der Körper lernt durch den Impfstoff den Krankheitserreger kennen und bildet ein funktionierendes Abwehrsystem. Trifft er dann bei einer Infektion auf den “echten” Erreger, kann das Immunsystem diesen bekämpfen und eine Krankheit verhindern. Mehr zu den einzelnen Impfungen lesen Sie in den jeweiligen Fachtexten zu den einzelnen Zoonosen.
Starkes Immunsystem
Dafür, dass nicht jeder Kontakt mit einem Krankheitserreger sofort zu einer Erkrankung führt, ist das Immunsystem zuständig. Es gibt einige Tipps, wie Sie Ihre körpereigenen Abwehrkräfte stärken können:
- Vollwertige Ernährung (ausgewogen mit viel frischem Obst und Gemüse und Vollkornprodukten)
- Mindestens zwei Liter Wasser oder ungesüßten Tee am Tag
- Ausreichend und regelmäßige Bewegung
- Regelmäßiger Schlafrhythmus
- Kein anhaltender Stress für Körper und Geist
Verzichten Sie außerdem auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin. Diese können die Leistung des Immunsystems hemmen.
Autoren- & Quelleninformationen
Wissenschaftliche Standards:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Autor:
Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.
Quellen:
- Amboss: Dermatophyten, unter www.amboss.com, Stand: 08.04.2021, abgerufen am 22.06.2021
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Zoonosen, unter www.lgl.bayern.de, abgerufen am 22.06.2021
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Zoonosen, unter www.bfr.bund.de, abgerufen am 22.06.2021
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Infektionskrankheiten – Erregerarten, unter www.infektionsschutz.de, abgerufen am 22.06.2021
- MSD Manuals: Staphylokokken, unter www.msdmanuals.com, abgerufen am 22.06.2021
- Nationale Forschungsplattform für Zoonosen: Was sind Zoonosen? unter: www.zoonosen.net, abgerufen am 22.06.2021
- Nationale Forschungsplattform für Zoonosesn: Stellungnahme zur Covid-19 Pandemie, unter www.zoonosen.net, Stand: 20.06.2021, abgerufen am 22.06.2021
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Prionen, unter www.gesundheit.gv.at, abgerufen am 22.06.2021
- Robert Koch-Institut: Zoonosen, unter www.rki.de, Stand: 13.08.2019, abgerufen am 22.06.2021
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