Ulcus (Geschwür): Definition, Formen, Symptome
Ein Ulcus (Ulkus, Geschwür) ist ein tiefreichender Gewebeschaden an Haut oder Schleimhaut. Es kann sich etwa infolge einer Infektionskrankheit, einer mangelhaften Sauerstoffversorgung des Gewebes und als eine Begleiterscheinung anderer Krankheiten wie Diabetes mellitus entwickeln. Erfahren Sie hier alles Wichtige über Geschwüre.
Was ist ein Geschwür?
Ein Geschwür ist ein tiefliegender Defekt des Haut- oder Schleimhautgewebes. In der Fachsprache spricht man von einem Ulcus, auch Ulkus geschrieben, und in der Mehrzahl von Ulcera. Sie treten in vielfältiger Form auf und können dabei unterschiedlichste Körperareale betreffen, beispielsweise die innenliegende Magenschleimhaut oder äußerliche Hautpartien am Bein.
Geschwüre grenzen sich dabei von sogenannten traumatischen Gewebeschäden, wie Kratz-, Schnitt-, Stich- oder Schürfverletzungen, ab. Letztere Defekte entstehen, wenn äußere Kräfte auf die Haut einwirken. Bei einem Ulcus hingegen nehmen die Haut- oder Schleimhautzellen meist durch krankhafte oder anderweitig gestörte Prozesse im Körper Schaden.
Sowohl Ulcera als auch traumatische Defekte fassen Mediziner unter dem Begriff Wunde (Vulnus) zusammen. Übrigens: Sind nur oberflächliche Hautschichten betroffen, spricht man im Fachjargon von Erosionen oder Exkoriationen. Ein bekanntes Beispiel sind Hautabschürfungen nach einem Sturz oder aufgekratzte Hautbläschen.
Geschwür – ein unscharfer Ausdruck
Geschwür ist vor allem umgangssprachlich ein ungenauer Begriff. Es steht zwar überwiegend, aber nicht nur für ein Ulcus. Manche Menschen bezeichnen auch Tumore als Geschwüre. Hierbei ist das Gewebe aber nicht zerstört, vielmehr nimmt es an Größe zu. Hinter dem Begriff Geschwür können zudem eitrige Entzündungen stecken.
In seltenen Fällen können Ulcus-Geschwüre auch in bösartige Wucherungen (Karzinome) übergehen. Instabile, großflächige Narben (Brandwunden, Verätzungen), chronische Fisteln oder langanhaltende entzündliche Prozesse im Körper erhöhen jedoch das Risiko für solche bösartigen Tumore. Oft zählen sie dann zur Gruppe der sogenannten Plattenepithelkarzinome.
Umgekehrt können „Krebsgeschwüre“ Haut und Schleimhäute zerstören. Bekannte Beispiele sind ein exulzerierender Brustkrebs oder ein ulzerierendes Magenkarzinom.
Formen eines Ulcus
Ärzte unterscheiden verschiedene Ulcera. Der Name eines bestimmten Geschwürs richtet sich zum Beispiel danach, wie es beschaffen ist, in welcher Körperregion es liegt oder wie es wächst.
Ulcus cruris („offenes Bein“)
Bei einem Ulcus cruris handelt es sich um ein Geschwür im Bereich der Unterschenkel. Es entsteht infolge von Durchblutungsstörungen der Beingefäße. Ein Ulcus cruris venosum etwa bildet sich auf dem Boden einer fortgeschrittenen chronischen Venenschwäche. Sind hingegen bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) Schlagadern des Beines stark verengt, entwickelt sich ein sogenanntes Ulcus cruris arteriosum.
Ulcus ventriculi (Magengeschwür)
Ein Magengeschwür, auch Magenulkus genannt, ist eine tiefe Wunde in der Magenschleimhaut. Sie ist meist Folge einer chronischen Magenschleimhautentzündung durch das Bakterium Helicobacter pylori. Eine erhöhte Produktion von Magensäure oder ein mangelhafter natürlicher Schleimhautschutz begünstigen Ulcera im Magen. In manchen Fällen kann auch die dauerhafte Einnahme von bestimmten Medikamenten (bspw. Indometacin, Diclofenac, Acetylsalicylsäure) Magengeschwüre hervorrufen. Weitere Risikofaktoren sind Rauchen, Alkohol und Stress.
Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür)
Das Ulcus duodeni beschreibt ein Geschwür in der Wand des Zwölffingerdarms. Wie das Magengeschwür ist es eine Form der gastroduodenalen Ulkuskrankheit. Es ist häufiger als das Ulcus ventriculi und in vielen Fällen auf eine Helicobacter-pylori-Infektion zurückzuführen.
Ulcus molle
Das Ulcus molle („weicher Schanker“, Chancroid) beruht auf einer Infektion mit dem Bakterium Haemophilus ducreyi. Es handelt sich um eine sexuell übertragbare Krankheit, also eine Geschlechtskrankheit, die zunächst durch feine, schmerzhafte Knötchen (Papeln) und schließlich (weiche) Ulcera an den äußeren Geschlechtsorganen gekennzeichnet ist. Sie tritt in Europa in der Regel selten auf und ist vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten (z.B. Südostasien, Afrika) verbreitet.
Ulcus durum
Das „harte“ Ulcus (Ulcus durum) ist ebenfalls ein Geschwür, das im Zuge einer sexuell-übertragbaren Krankheit im Genitalbereich auftritt. Zusammen mit geschwollenen Lymphknoten ist es das typische Symptom einer Syphilis im Primärstadium. Das Ulcus durum, auch unter „harter Schanker“ bekannt, ist eher schmerzlos, derb und heilt nach etwa drei bis acht Wochen narbig ab. Damit ist aber die Syphilis nicht geheilt, sie verursacht nun weitere Erkrankungsstadien.
Dekubitus (Druckgeschwür)
Dies ist eine klar abgegrenzte Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes durch eine langanhaltende Druckbelastung. Ein Dekubitus wird auch als Druck- oder Wundliegegeschwür und umgangssprachlich als „Wundliegen“ bezeichnet. Es tritt meist bei Patienten mit verringerter Beweglichkeit und geringer Muskelspannung im Rollstuhl oder bei Bettlägerigen auf.
Ulcus corneae
Durch oberflächliche Verletzungen der Hornhaut des Auges, kann es zu bakteriellen Hornhautentzündungen kommen (Keratitis). Häufig geschieht dies als Folge einer bakteriellen Infektion mit Staphylokokken, Streptokokken oder Chlamydien. Doch auch Pilze oder bestimmte Viren (Adenoviren) können eine solche immunologisch-bedingte Hornhautentzündung auslösen. Kontaktlinsenträger oder Personen mit trockenen Augen besitzen dabei ein höheres Risiko.
In manchen Fällen entwickeln sich aus so einer solchen Infektion schmerzhafte Hornhautgeschwüre (Ulcus corneae). Sie gehen in der Regel mit einem stark geröteten, tränenden Auge einher. Schreitet die Entzündung langsam, aber stetig voran, sprechen Ärzte von einem Ulcus serpens corneae. Unbehandelt trübt sich die Hornhaut zunehmend ein. Die Sicht ist meist, je nach Schweregrad, eingeschränkt – im Extremfall droht das betroffene Auge zu erblinden.
Ulcus terebrans eines Basalzellkarzinoms
Das Basalzellkarzinom („weißer Hautkrebs“) ist ein in Europa weit verbreiteter bösartiger Tumor der Haut, der meist durch übermäßige Sonnenexposition bei einem hellen Hauttyp verursacht wird. Ein Basalzellkarzinom ist charakteristisch durch hautfarbene oder rötliche Knötchen gekennzeichnet. Anders als die meisten Tumoren, metastasiert ein Basalzellkarzinom seltener. Allerdings wächst diese Art von Tumor oft unter Bildung von Geschwüren (Ulcus terebrans) in benachbarte Gewebeareale ein.
Diabetischer Fuß
Die Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus kann durch langfristig erhöhte Blutzuckerwerte Blutgefäße und Nervenbahnen schädigen. In Folge erhöht sich das Risiko für Durchblutungsstörungen am Fuß. In den Anfangsstadien äußert sich dies meist in Form von kalter und bläulich-blasser Haut an den Füßen. In weiter fortgeschrittenen Phasen treten krampfartige Schmerzen beim Gehen auf. Leichte Verletzungen am Fuß können in offenen Geschwüren (Malum perforans) münden, die sehr schlecht abheilen.
Strahlenulkus
Als einen Strahlenulkus bezeichnen Ärzte eine spezielle, von ionisierenden Strahlen verursachte, Art von Gewebeschaden. Eine solche Ulkus-Form bildet sich beispielsweise als Komplikation in der Tumortherapie (Strahlentherapie). In Folge der Strahleneinwirkung kann nicht nur der Tumor selbst absterben, sondern auch das ihn umgebende (gesunde) Gewebe. Wann und ob ein solcher Strahlenulkus entsteht, hängt von der Intensität und Länge der Bestrahlung, wie auch von der Gesamtstrahlendosis ab.
Ärzte versuchen bei einem solchen Behandlungsweg bestmöglich, die Strahlendosis so gering wie möglich zu halten. In der Regel kombinieren Ärzte dazu eine Strahlentherapie meist mit einer flankierenden Pharmakotherapie (Zytostatika).
Aphthen (Mundgeschwüre)
Unter Aphthen versteht man Schädigungen der Mundschleimhaut. Sie sind in der Regel rund oval und weisen an ihrem Grund meist einen gelblichen, mitunter grauweißlichen, Belag auf. Obwohl sie in vielen Fällen harmlos abheilen, verursachen sie meist starke Schmerzen. Ihre Größe variiert. So reichen die Schädigungen der Haut von Stecknadelgröße bis hin zu einem Durchmesser von drei Zentimetern (Major-Aphthen). Aphthen können einmalig, aber auch wiederkehrend auftreten. Je nach Größe der Schleimhautschädigung kann es bis zu mehreren Monaten dauern, bis sie ausheilen.
Schweregrade eines Ulcus
Chronische Ulcera der Haut lassen sich überdies in verschiedene Schweregrade einteilen. Ausschlaggebend ist dabei, wie flächig und wie tief sich das Geschwür ausdehnt.
Ulcus Grad 1: Eine leichtere Form des Geschwürs, das sich auf die äußeren Hautschichten beschränkt.
Ulcus Grad 2: Ein Geschwür, das die Unterhaut (Subcutis) bereits erreicht hat und somit die versorgenden Blutgefäße betreffen kann.
Ulcus Grad 3: Das Ulcus hat hier bereits unter der Haut liegende Strukturen wie Sehnen, Knochen, Bänder oder Gelenke erreicht.
Ulcus Grad 4: Neben dem Substanzdefekt liegt zusätzlich eine lokal begrenzte Ansammlung von Eiter (Abszess) oder eine entzündliche Knochenschädigung (Osteomyelitis) vor.
Ulcus Grad 5: Das Geschwür ist bereits sehr ausgedehnt. Betroffenes Gewebe ist nicht nur entzündet, sondern stirbt stellenweise ab (Nekrose). Dieses nekrotische Gewebe unterbindet die Versorgung des umliegenden gesunden Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen und behindert die Arbeit des Immunsystems. Meist hilft ab dieser Phase einzig eine operative Entfernung des abgestorbenen Gewebes, um das (voranschreitende) Absterben des Gewebeareals zu stoppen.
Ulcus Grad 6: Betroffene Körperpartien sind von der Blutversorgung abgeschnitten (Gangrän, ischämische Nekrose). Es setzen bereits Verwesungsprozesse innerhalb der Wunde und im umgebenden Gewebe ein. Die Wunde ist dann meist gelb-braun bis schwarz gefärbt. Häufig ist die betroffene Körperpartie unwiederbringlich geschädigt und muss – wenn möglich – operativ entfernt oder sogar großflächig amputiert werden. Treten Bakterien, die in dieser Wunde siedeln, in den Blutstrom über, droht eine schwere Blutvergiftung (Sepsis).
Symptome
Die Symptome eines Geschwürs sind vielfältig und richten sich nach dem Ort, der Ursache, der Schwere und der Dauer des bereits bestehenden Gewebeschadens. Die verschiedenen Ulcera selbst können unterschiedlich aussehen. Oft haben Betroffene noch zusätzliche Beschwerden.
Eine Ulcuswunde ist in der Regel feucht und nässend. Mal sind die Wunden unregelmäßig, mal gleichmäßig scharf begrenzt. Die Haut am Ulcusrand ähnelt oft einem ringförmigen Deich (Randwall). Geschwüre heilen meist schlecht ab und können unbehandelt chronisch werden. Abgeheilte Ulcera hinterlassen für gewöhnlich Narben.
Überdies schmerzen einige Geschwüre, etwa das Ulcus cruris arteriosum eines „offenen Beins“, das Ulcus molle oder tiefe Aphthen im Mund. Andere verursachen hingegen kaum Schmerzen (z.B. Ulcus durum oder neuropathische Ulcera bei Diabetes).
Nicht sichtbare Magen-Darm-Geschwüre können sich ebenfalls durch drückende bis brennende Schmerzen im Oberbauch äußern. Bei einem Magengeschwür treten diese beim oder nach dem Essen oder Trinken auf. Ein Zwölffingerdarmgeschwür schmerzt hingegen oft bei leerem Magen (nachts), wobei sich die Pein durch Essen bessert. Beide Formen können zudem Appetitlosigkeit, manchmal auch Übelkeit und Erbrechen nach sich ziehen.
Komplikationen
Ulcera fangen manchmal an zu bluten. Vor allem bei einer Ulkuskrankheit des Magen-Darm-Trakts kann das lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Typisches Symptom der inneren Blutung ist schwarzer Stuhlgang (Teerstuhl). Blutet das Geschwür stark, droht ein Kreislaufschock.
In Geschwüren können sich darüber hinaus Erreger ansiedeln und das Areal entzünden (Wundinfektion). Nicht rechtzeitig behandelt, breiten sie sich zunehmend in tiefere Gewebeschichten aus und befallen weiteres Gewebe wie Knochen und Knochenmark (Osteomyelitis). Gelangen die Keime in die Blutbahn, können sie eine lebensgefährliche Blutvergiftung (Sepsis) herbeiführen.
Behandlung
Aufgrund der Vielfalt an Ausprägungen gibt es keine pauschale Behandlung von Geschwüren. Die Therapie richtet sich nach der entsprechenden Krankheit oder Ursache, die das Ulcus ausgelöst hat.
Einige Ulcera können Ärzte erfolgreich allein mit Medikamenten behandeln. Bei Magen-Darm-Geschwüren beispielsweise verordnen sie Präparate, die den Säuregehalt des Magens regulieren (v.a. Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol). Liegt dem Ulcus eine bakterielle Infektion zugrunde, helfen in der Regel Antibiotika.
Offene Geschwüre der Haut gehen Ärzte oft chirurgisch an, um letztlich günstige Bedingungen zur Heilung zu schaffen. Liegen chronische Krankheiten wie Diabetes zugrunde, ist dieser Prozess meist langwierig und bedarf einer regelmäßigen, professionellen Wundversorgung und -pflege.
Haben Durchblutungsstörungen das Ulcus verursacht, sind für gewöhnlich noch weitere Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören Medikamente, die den Blutfluss verbessern. Und Eingriffe, in denen Ärzte verengte Gefäße wieder aufdehnen oder eine Umgehung (Bypass) anlegen.
Bei besonders ausgedehnten Gewebsdefekten hilft unter Umständen nur noch eine Hauttransplantation. In besonders schweren Fällen, etwa einer gefährlichen Infektion, müssen Chirurgen das betreffende Körperteil amputieren.
Wie genau Mediziner die jeweiligen Ulcera untersuchen und behandeln, lesen Sie in unseren entsprechenden Fachtexten.
Autoren- & Quelleninformationen
Wissenschaftliche Standards:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Autor:
Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.
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