Sprachstörungen und Sprechstörungen – _
Sprache ist der Grundpfeiler der Kommunikation, der man wiederum durch Sprechen einen hörbaren Ausdruck verleiht. Damit jemand sich auf diese Weise problemlos austauschen kann, ist sowohl ein ausgeprägtes Sprachverständnis als auch ein klares Sprechvermögen wichtig. Allerdings kann beides gestört sein. Das betrifft mal die kindliche Sprachentwicklung, mal treten Sprach- und Sprechstörungen erst deutlich später auf. Lesen Sie hier, welche Formen es gibt, was dahinterstecken kann und was man dagegen unternimmt.
Sprach- und Sprechstörung – Was ist der Unterschied?
Experten unterscheiden generell zwischen Sprachstörungen und Sprechstörungen:
Bei einer Sprachstörung ist die gedankliche Bildung von Worten und Sätzen, mitunter auch das Sprachverständnis, gestört. Ursache sind Störungen im Sprachzentrum des Gehirns. Betroffene haben beispielsweise Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, sinnvolle Sätze zu bilden oder andere Menschen zu verstehen.
Bei einer Sprechstörung handelt es sich um eine motorische Einschränkung, die die Artikulation behindert. Die Erzeugung von Lauten oder der Redefluss sind gestört. Verbreitete Beispiele sind Lispeln und Stottern. Die gedankliche Bildung der Sprache ist nicht beeinträchtigt.
Sprach- und Sprechstörungen können einzeln, aber auch gemeinsam auftreten. Beide können sich auch im Rahmen des Spracherwerbs in der Kindheit abzeichnen. Man bezeichnet sie dann als Sprachentwicklungsstörungen: Das Sprachvermögen eines Kindes bleibt im Vergleich zu Altersgenossen deutlich zurück.
Wie äußern sich Sprachstörungen?
Es gibt verschiedene Arten von Sprachstörungen, die sich, je nach Ursache, unterschiedlich äußern. Sie können sich in der Kindheit herauskristallisieren – beispielsweise aufgrund einer Entwicklungsstörung. Oder sie treten infolge einer Erkrankung im Erwachsenenalter auf.
Störungen des Sprachausdrucks (Expressive Sprachstörungen)
Sprachstörungen können sich auf der Wortebene und auf der grammatikalischen Ebene äußern. Bei Kindern ist dabei die Fähigkeit, sich mit Sprache auszudrücken, unterdurchschnittlich ausgeprägt.
Eine Möglichkeit ist ein Wortschatzdefizit aufgrund intellektueller Einschränkungen, Entwicklungsstörungen oder krankheitsbedingter Einbußen. Die Betroffenen verwenden dann beispielsweise einfach Überbegriffe („das Ding“) oder verkehrte Worte.
Ein Dysgrammatismus (Agrammatismus) äußert sich in fehlerhaften Satzkonstruktionen oder verkürzten Zwei- oder Dreiwortsätzen, wie sie Kinder im frühen Stadium des Spracherwerbs äußern. Auch Sprechen im „Telegrammstil“ ist typisch.
Störungen des Sprachverständnisses (Rezeptive Sprachstörung)
Kinder mit einer rezeptiven Sprachstörung habe Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen. Das kann sowohl entwicklungsbedingt sein als auch auf einer Hörminderung beruhen. Da das Sprachverständnis die Basis für den Spracherwerb ist, haben die Kinder meist auch eine expressive Sprachstörung – das heißt, sie können sich auch schlecht mitteilen.
Eine rezeptive Sprachstörung kann überdies im Laufe des Lebens aufgrund neurologischer Erkrankungen oder Hirnverletzungen auftreten.
Sprachabbau und Sprachverlustsyndrome
Es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die mit Einbußen der bereits erworbenen Sprachfähigkeit einhergehen. Dazu gehören vor allem Schlaganfälle, aber auch Hirnverletzungen und -entzündungen oder auch Demenzen.
Aphasie
Bei einer Aphasie sind wichtige Sprachzentren im Gehirn geschädigt. In den meisten Fällen ist ein Schlaganfall die Ursache. Abhängig von Ausmaß und betroffenem Hirnareal, gibt es verschiedene Aphasie-Formen. Dazu gehört vor allem die Broca-Aphasie, bei der Betroffene ihren Sprechvorgang nicht mehr richtig steuern können. Aber auch die Wernicke-Aphasie, die mit einer Störung des Sprachverständnisses einhergeht.
Sprachabbau bei Demenz
Demenzerkrankungen betreffen schleichend alle kognitiven Bereiche – somit auch Sprache und Sprechen. Bei der häufigsten Form, der Alzheimer-Demenz, treten oft früh Wortfindungsstörungen auf. Auch der Satzbau ist betroffen. Schreitet die Erkrankung fort, wird die Sprache oft inhaltsleer. Die Patienten äußern wiederholt allgemeine Phrasen („Ja, ja, so ist das.“). In der Spätphase der Erkrankung sind Sprache und Sprachverständnis stark zerrüttet.
Die Hellerschen Demenz (auch infantile Demenz, desintegrative Psychose) ist eine schwere Entwicklungsstörung. Betroffene Kinder, die sich zuvor normal entwickelt haben, verlieren etwa ab dem Alter von zwei bis drei Jahren plötzlich innerhalb von Monaten bereits erworbene kognitive, motorische und soziale Fähigkeiten – darunter insbesondere auch sprachliche. Einige Verläufe ähneln autistischen Störungen. Die Ursachen sind ungeklärt.
Das Landau-Kleffner-Syndrom (Aphasie-Epilepsie-Syndrom) ist eine seltene Form der kindlichen Epilepsie mit Aphasie. Sie tritt im Alter von fünf bis sieben Jahren auf und zieht einen Verlust der Sprachfähigkeiten nach sich. Zu Beginn haben die Kinder zunehmend Schwierigkeiten, Gesagtes zu verstehen. Später bildet sich das Sprachvermögen zurück – mitunter bis zum völligen Verstummen.
Dysphasie
Eine Sprachstörung von eher leichterer Ausprägung ist die (kognitive) Dysphasie. Sprachvermögen und -verständnis sind hier beispielsweise aufgrund einer Gedächtnis- oder Aufmerksamkeitsstörung oder auch eingeschränkter kognitiver Fähigkeiten reduziert.
Die Dysphasie ist insgesamt ein sinnverschieden verwendeter Begriff. Manchmal steht er für eine leichte Form der Aphasie oder wird dieser gleichgestellt. Stellenweise beschreibt er auch den Dysgrammatismus oder generell den Zustand einer rückständigen Sprachentwicklung.
Störungen der Schriftsprache
Manche Sprachstörungen beschränken sich auf das Schreiben und Lesen von Texten. In der Kombination spricht man von einer Störung des Schriftspracherwerbs oder Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie). Meist ist das Folge einer Entwicklungsstörung, sie kann aber auch später im Leben aufgrund neurologischer Störungen auftreten.
Menschen, die unter einer Dyslexie leiden, haben Schwierigkeiten Texte oder sogar einzelne Wörter zu entschlüsseln. Sie lesen langsam, stockend und fehlerhaft. Oft haben sie Mühe, den Inhalt eines Textes zu erfassen. Die Maximalform ist die Alexie.
Die Dysgraphie bezieht sich auf Probleme, Texte zu schreiben. Den Betroffenen fällt es schwer, Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion zu verinnerlichen und umzusetzen. Selbst das korrekte Abschreiben von Texten ist für manche eine Herausforderung. Können sie trotz motorischer Fähigkeiten überhaupt nichts schreiben, handelt es sich um eine Agraphie.
Woran erkennt man Sprechstörungen?
Bei Sprechstörungen sind Grammatik und Wortwahl unauffällig. Stattdessen treten Artikulationsstörungen, Störungen im Redefluss oder eine gestörte Sprachmelodie auf.
Stottern: Bei Menschen, die stottern, ist der Redefluss blockiert. Sie überdehnen Worte oder „bleiben hängen“ und müssen mehrere Anläufe nehmen, um ein Wort hervorzupressen. Das äußert sich in unfreiwilligen Wiederholungen von Lauten, Silben oder Wörtern.
Artikulationsstörungen (Dyslalie): Beim sogenannten „Stammeln“ ist entweder die Lautbildung (phonetisch) oder Lautverwendung (phonologisch) fehlerhaft. Es kann auch eine Mischform bestehen.
- Unter den phonetischen Artikulationsstörungen ist insbesondere Lispeln (Sigmatismus) verbreitet, bei dem die Ausbildung von Zischlauten „verrutscht“. Im Kindesalter ist dies ein häufiges Phänomen: Das Kind verfehlt den Ziellaut (z.B. „“s“ statt „ch“: „Is habe Hunger“). Ist der Buchstabe „r“ betroffen spricht man vom Rhotazismus, vom Kappazismus bei „k“.
- Von einer phonologischen Aussprachstörungen spricht man, wenn Betroffene Laute vertauschen oder einzelne Laute wegfallen lassen („Die Tirsche schmeck dut“). Die Lautbildung selbst funktioniert hingegen problemlos. Auch das ist im Kindesalter häufig.
Poltern: Poltern beschreibt eine Redeflussstörung, bei der die Redner sehr schnell und/oder unrhythmisch sprechen. Dabei verschmelzen die Worte. Silben und Laute werden ausgelassen. Das Gesprochene ist dann nur schwer verständlich.
Rhinolalie (Lautbildung)/Rhinophonie (Lautklang): „Näseln“ fällt ebenfalls unter die Sprechstörungen. Experten unterscheiden offenes vom geschlossenen Näseln. Beim offenen strömt viel Luft durch die Nase, was sich besonders auf die Lautbildung von Vokalen (a, e, i, o, u) und Explosivlauten auswirkt (z.B. p, t, k). Geschlossenes Näseln verändert hingegen besonders die nasalen Laute n und m.
Dysarthrie: Dysarthrie tritt infolge von neurologischen Erkrankungen oder Verletzungen auf. Dadurch ist die Beweglichkeit von Zunge und Gaumensegel erschwert. Beeinträchtigt sind dann Stimmklang, Lautstärke und Sprechrhythmus. Dysarthrien treten beispielsweise bei Schlaganfallpatienten auf (hypotone Dysarthrie, „verwaschenes Sprechen“). Parkinsonpatienten wiederum sprechen oft sehr leise und monoton (rigid-hypokinetische Dysarthrie).
Apraxie: Eine Sprechapraxie tritt nach einer Schädigung der linken Hirnhälfte auf. Betroffen sind dann Hirnareale, die für die Planung von Sprechbewegungen zuständig sind. Die Patienten können nicht klar verständlich sprechen. Die Sprechapraxie tritt meist zusammen mit einer Aphasie auf.
Verbale Entwicklungsdyspraxie: Eine verbale Entwicklungsdyspraxie ist eine meist schwere Sprach- und Sprechstörung, die im motorischen Sprachzentrum verortet ist. Betroffene Kinder haben große Schwierigkeiten, Laute und Worte zu formulieren, weil Sie Probleme mit der Sprechplanung beziehungsweise Koordination haben. Das behindert die Entwicklung von aktivem Wortschatz und grammatischen Fähigkeiten. Betroffene fällt es zudem schwer, andere zu verstehen.
Welche Ursachen haben Sprachstörungen?
Sprachstörungen haben vielfältige Ursachen. Sie können sich während der Sprachentwicklung in der Kindheit abzeichnen oder erst nach abgeschlossenem Spracherwerb aufgrund von Erkrankungen oder Verletzungen auftreten. Auch psychische und soziale Faktoren können das Sprachvermögen beeinträchtigen.
Ursachen erworbener Sprachstörungen
Ursachen für erworbene Sprachstörungen bei Erwachsenen sind beispielsweise:
Ursachen von Sprachstörungen in der Kindheit
Sprachstörungen in der Kindheit sind meist entwicklungsbedingt. Sie können unter anderem genetische Wurzeln haben. Sprachstörungen in der Kindheit beruhen unter anderem auf:
Stress als Ursache von Sprachstörungen
Auch psychologische Faktoren wie erheblicher akuter oder chronischer Stress können Sprachstörungen verursachen. Bei Stress lassen Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit nach. Das kann beispielsweise Wortfindungsstörungen hervorrufen oder bewirken, dass man im Satz den Faden verliert.
Angst, Schock oder ein Trauma können Betroffene ganz verstummen lassen. Das kann auch nur bestimmte Situationen betreffen (selektiver Mutismus). Mediziner sprechen hierbei von Mutismus.
Hinweis:
Plötzlich auftretende Sprachstörungen sind immer ein Alarmsignal. Rufen Sie einen Notarzt! Ursache kann beispielsweise an Schlaganfall sein. Dann zählt jede Minute!
Ursachen von Sprechstörungen
Die Ursachen von Sprechstörungen sind ebenfalls mannigfaltig. Einige sind angeboren, andere entstehen aufgrund von Krankheiten oder Verletzungen. Auch soziale und psychische Faktoren können Sprechstörungen verursachen.
Ursachen im Kindesalter
Gestörtes Sprechen beziehungsweise eine eingeschränkte Sprechentwicklung bei Kindern ist unter anderem zurückzuführen auf:
- Genetisch bedingte Fehlbildungen von Zunge, Lippen, Zunge, Kiefer, Gaumen, Stimmlippen die die Lautbildung behindern (z.B. bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder Trisomie-21).
- Frühkindliche Hirnschädigung (z.B. Sauerstoffmangel während der Geburt). Eine gestörte Verarbeitung des Sprechens im Gehirn kann dann Beweglichkeit von Lippen und der Zunge einschränken.
- Hörminderungen oder Hörverlust in der Zeit des Spracherwerbs erschweren es, Laute präzise zu differenzieren und entsprechend nachzubilden.
- Fehlerhafte Kiefer- und Zahnstellungen können das korrekte Bilden von Lauten beeinträchtigen.
- Psychosoziale Ursachen (Stress, traumatische Erlebnisse, unbewältigte Angst-, Wut- und Trauergefühle, starker Leistungsdruck, chronische Unterforderung).
Neurologische Krankheitsbilder/Schädigungen
Eine Schädigungen zentraler oder peripherer Nerven kann Sprechstörungen verursachen. Das gilt auch, wenn die für die Sprechmotorik zuständige Hirnregion krankhaft verändert ist. Wichtige Ursachen von Sprechstörungen sind:
So diagnostizieren Ärzte Sprachstörungen
Kinder entwickeln sich in sehr unterschiedlichem Tempo. Das gilt auch für den Spracherwerb. Deshalb sind Sprachstörungen im Kindesalter nicht leicht zu diagnostizieren. Sprachprobleme des Erwachsenen erfassen Ärzte für gewöhnlich im Rahmen einer neurologischen Untersuchung.
Untersuchungen und Tests im Kindesalter
Um den aktuellen Entwicklungsstand zu erfassen, setzen Kinderärzte verschiedene Tests ein, die Wortschatz und grammatische Fähigkeiten der Kinder erfassen. Dazu benennt das Kind beispielsweise Gegenstände oder es wird im Gespräch mit den Eltern beobachtet.
Hörtests und Neugeborenen-Screening: Gibt es Hinweise darauf, dass ein Kind sprachlich Gleichaltrigen deutlich hinterherhinkt, wird mittels eines Hörtests überprüft, ob ein schwaches Hörvermögen der Entwicklungsverzögerung zugrunde liegt. Denn wer Sprache schlecht hört, kann sie auch nicht richtig lernen. Aus diesem Grund hat jedes Kind einen Anspruch auf ein Neugeborenen-Hörscreening.
Hirnorganische Untersuchungen: Weitere Untersuchungen, die mögliche krankhafte Ursachen für die Sprachstörung aufdecken, können sich anschließen. Dazu gehören beispielsweise bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine CT (Computertomografie). Auch eine Elektroenzephalografie (EEG), die die Hirnströme misst, setzen Ärzte unter Umständen ein.
Untersuchungen und Tests bei Erwachsenen
Sprachstörungen, die nach abgeschlossener Sprachentwicklung auftreten, sind krankhaften Ursprungs. Hier gilt es zunächst, die Ursache aufzudecken und bestmöglich zu versorgen – beispielsweise einen Schlaganfall, eine Demenz oder eine Tumorerkrankung.
Dazu dienen von allem neurologische Untersuchungen. Hinzu kommen, abhängig vom Anfangsverdacht, auch EEG (Elektroenzephalografie), MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie).
Für die Einschätzung und Einordnung von Art und Ausmaß der Sprachstörung gibt es zudem verschiedene spezialisierte Tests.
Ein Beispiel ist der Aachener-Aphasie-Test (AAT). Mithilfe eines standardisierten Interviews überprüft ein Arzt oder Logopäde das spontane Sprechen des Patienten. Anschließend fordert der Untersucher den Patienten auf, Worte und Sätze nachzusprechen sowie Objekte und Situationen zu benennen. Das Sprachverständnis wird geprüft, indem der Patient Zeichnungen vorgelesenen Sätzen und Worten zuordnet.
Hinweis:
Sprachstörungen sind ein Symptom, das man immer ernst nehmen muss – unabhängig davon, ob sie plötzlich auftreten oder sich schleichend einstellen. Sie können Symptom einer schwerwiegenden Erkrankung sein und sollten daher von ein Arzt untersucht werden.
So beurteilt der Arzt Sprechstörungen
Sprechstörungen sind bei jüngeren Kindern sehr verbreitet und wachsen sich häufig aus. Sind sie aber sehr auffällig, dauern sie an oder belasten sie das Kind, suchen Sie am besten Ihren Kinderarzt auf. Bei Erwachsenen liegt oft eine neurologische Erkrankung zugrunde, die ebenfalls eine ärztliche Abklärung erfordert.
Grundsätzlich versucht der Arzt herauszufinden, welche Ursache hinter der Sprechstörung stecken könnte. Dazu führt er ein ausführliches Gespräch über die die Vor- und Krankengeschichte (Anamnese). Anschließend schließt er nach und nach mögliche Ursachen aus.
Hierfür bedient er sich wie bei Sprachstörungen auch unter anderem neurologischer Tests sowie Untersuchungen mit EEG (Elektroenzephalografie), MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie).
Meist sind mehrere Ärzte und Spezialisten an einer Diagnose beteiligt. HNO-Ärzte beurteilen beispielsweise das Gehör. Zahnärzte und Oralchirurgen wiederum untersuchen Fehlstellungen von Kiefern und Zähnen.
Unabhängig davon, ob man die Ursache findet, schließen sich Tests an, die Form und Ausmaß der Sprechstörung erfassen. Darauf baut der anschließende logopädische Therapieplan auf.
Sprachstörungen: Therapie
Beruht die Sprachstörung auf einer Erkrankung, gilt es zunächst, diese zu behandeln, beispielsweise durch Medikamente oder eine Operation. Dadurch verbessern sich mitunter auch die sprachlichen Probleme.
Logopädisches Training
Oft reicht das aber nicht aus, etwa weil die Erkrankung bereits dauerhafte Schäden hinterlassen hat. Dann ist eine individuelles logopädisches Training die wichtigste Maßnahme.
Ziel ist es, die sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern und den Patienten so wieder mehr Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen. Die zwei grundlegen Strategien sind:
- Die verlorenen Fähigkeiten weitmöglich wiederherzustellen beziehungsweise nicht erworbene Fähigkeiten aufzubauen
- Wo das nicht möglich ist, die Störung zu kompensieren
Dazu entwickelt der Logopäde oder die Logopädin einen individuell abgestimmten Übungsplan. Wichtiger Bestandteil sind zum Beispiel Rollenspiele, in denen die Patienten das Sprechen in Alltagssituationen üben.
Auch die Angehörigen sind Teil der logopädischen Behandlung. Sie lernen, was sie im Umgang mit dem Patienten beachten können. Dazu gehört unter anderem, selbst in einfachen Sätzen zu sprechen oder nicht das Sprechen für den Patienten zu übernehmen, falls dieser es nicht wünscht.
Hinweis:
Für Kinder ist es wichtig, dass die logopädische Unterstützung möglichst früh während des Spracherwerbs erfolgt. Der Abstand zu den Gleichaltrigen, auch was andere Entwicklungs- und Lerninhalte betrifft, die vom Sprechen abhängen, ist sonst zunehmend schwerer aufzuholen.
Sprechstörungen: Therapie
Ist eine behandelbare Erkrankung Ursache einer Sprechstörung, steht zunächst deren Therapie im Vordergrund. Dadurch kann sich auch die Sprechstörung bessern. Besteht sie dennoch in störendem Ausmaß weiter, ist eine logopädische Behandlung die wichtigste Maßnahme. Dazu gehören:
- Training der Sprechmotorik
- Training der Höraufmerksamkeit
- Übungen zur präziseren Lautbildung und Unterscheidung von Lauten
- Strategien zur Verbesserung des Sprachflusses: (z.B. reduziertes Sprechtempo, spezielle Atem- oder Sprechtechniken)
Ein computergestütztes Biofeedback-Training kann viele der genannten Trainingsinhalte sinnvoll unterstützen. Dabei kann der Betroffene beispielsweise mithilfe entsprechender Visualisierungen auf dem Computerbildschirm überprüfen, wie sauber er ein bestimmtes Wort ausgesprochen hat oder ob er Laute korrekt identifiziert hat.
Wenn psychische Belastungen die Sprechstörung verursacht haben oder verstärken, ist eine ergänzende Psychotherapie wichtig.
Hinweis:
Sprechstörungen können die Kinder in ihrer psychosozialen Entwicklung einschränken. Daher sollte eine logopädische Behandlung in der Kindheit möglichst frühzeitig einsetzten.
Seelische Folgen von Sprach- und Sprechstörungen
Kommunikation ist ein zentraler Aspekt menschlicher Existenz. Wer Schwierigkeiten hat, sich mitzuteilen oder andere zu verstehen, ist von der sozialen Teilhabe abgeschnitten. Auch Lernen und Informieren ist erschwert.
Selbst leichtere Sprach- und Sprechstörungen können überdies zutiefst verunsichern und einsam machen. Wer schlecht oder undeutlich spricht, wird schnell ausgegrenzt oder gemobbt. Auch die schulischen und beruflichen Möglichkeiten sind eingeschränkt. Kinder trifft das in ihrer allgemeinen Entwicklung hart.
Wer als Erwachsener sein Sprachkompetenz verliert, verzweifelt wiederum nicht selten und zieht sich vom gesellschaftlichen Leben zurück. Psychische Störungen können die Folge sein. Umso wichtiger ist es, Sprach- und Sprechstörungen bestmöglich medizinisch, logopädisch und psychiatrisch oder psychotherapeutisch zu versorgen.
Autoren- & Quelleninformationen
Wissenschaftliche Standards:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Autor:
Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.
Quellen:
- Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V., unter: www.dbl-ev.de (Abruf am 20.07.2021)
- Greitemann, G. et Küst, J.: Kognitive Dysphasien – Anmerkungen aus aphasiologischer und neuropsychologischer Sicht, in: Aphasie und verwandte Gebiete, Issue 1, 2017: 10-15
- Heller-Syndrom, www.kindernetzwerk.de (Abruf am 20.07.2021)
- Knels, C.: Sprachstörungen bei Demenz, in Sprache-Stimme-Gehör, 2014; 38(04): 155, unter: www.thieme.de (Abruf am 20.07.2021)
- Leitlinie Neurogene Sprechstörungen (Dysarthrien) der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Stand: Juni 2018
- Paulke, K.: Arbeitsblatt zu Sprech-, Sprach-, Redeflussstörungen, Universität Potsdam, Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung
- Pschyrembel – Medizinisches Wörterbuch zu verschiedenen Begriffen, unter: www.pschyrembel.de (Abruf am 20.07.2021)
- Wendler, Jürgen et al.: Lehrbuch der Phoniatrie und Pädaudiologie, Georg Thieme Verlag, 5. Auflage, 2015
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