Prävalenz rheumatischer Erkrankungen in Deutschland steigt
Neue Studien aus Deutschland und Großbritannien zeigen: Entzündliche rheumatische Erkrankungen befinden sich auf dem Vormarsch. Ist die Versorgung gesichert?
„Bis zu drei Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben eine entzündlich rheumatische Erkrankung und 0,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Juvenile Arthritis. Das entspricht über zwei Millionen Erwachsenen beziehungsweise rund 14.000 Kindern und Jugendlichen“, konstatierte Prof. Christoph Baerwald, im Rahmen einer Vorabpressekonferenz, im Rahmen des diesjährigen Deutschen Rheumatologiekongresses in Leipzig.
Der DGRh-Kongresspräsident, berichtete diese Zahlen aus der Veröffentlichung um die Arbeitsgruppe um Dr. Katinka Albrecht vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin, die dazu eine große systematische Literaturrecherche durchgeführt hat1. Im Vergleich zu den letzten verfügbaren Daten von 2016 sei dies bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen ein deutlicher Anstieg, so Baerwarld, der die Rheumatologie-Abteilung am Universitätsklinikum Leipzig leitet. Da es keine mehrstufigen Bevölkerungsstudien gebe, seien die vorliegenden Daten die einzigen verfügbaren, aber relativ unsicheren Quellen für Prävalenzschätzungen, ergänzte er.
Ähnliche Ergebnisse sind auch in England gefunden worden. Baerwarld stellte die Studie vor, die bei der elektronische Krankenakten analysiert wurden und die Daten von über 22 Millionen Menschen zur Verfügung standen2. Dabei wurde untersucht, ob es einen Unterschied in der Inzidenz der einzelner entzündlich rheumatischer Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen zwischen den Jahren 2000 bis 2002 gegenüber dem Vergleichszeitraum on 2017 bis 2019 gegeben hat.
Beim Sjögren-Syndrom, welches zu den Kollagenosen zählt, sei der größte relative Anstieg bei den entzündlich rheumatischen Erkrankungen gezeigt worden. Weitere relevante Anstiege in der Inzidenz seien für eine Zöliakie und den Morbus Basedow dokumentiert worden.
Laut Baerwald kommen beide Arbeiten zu demselben Schluss. „Die zunehmende Häufigkeit rheumatischer Erkrankungen ist vor allem auf die demografische Entwicklung, eine gesunkene Mortalität und verbesserte (früh)diagnostische Möglichkeiten zurückzuführen.“ Bedeutend sei zudem die Rolle von Umweltfaktoren und auch ein niedrigerer sozialökonomischer Stand sei mit häufigeren Rheumaerkrankungen assoziiert. ist. Baerwald zufolge zeigt dies, dass die Versorgung einer zunehmenden Zahl von Patienten gewährleistet werden muss, deren Interessen auch die Deutsche Rheuma-Liga vertritt.
Ein Rheumaloge auf 50.000 Einwohner gefordert
„Die Deutsche Rheuma-Liga ist vor 52 Jahren angetreten, die Situation von Rheuma-Betroffenen zu verbessern und der Patientensicht mehr Gehör zu verschaffen. Und diese Aufgabe ist heute wichtiger denn je. Aktuell steigt die Anzahl der Rheuma-Betroffenen und steigende Patientenzahlen führen zu einem höherem Versorgungsbedarf“, konstatierte die Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, Rotraut Schmale-Grede.
Sie wies darauf hin, dass Rheumakranke immer schwerer einen Termin bei einer rheumatologischen Praxis fänden. Anfragen bei Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen belegten dies3, wonach allein 2021 mehr als 22.000 berechtigte Vermittlungsanfragen gestellt wurden. „Ob die Termine dann auch zustande kamen, ist nochmals eine ganz andere Frage, so Schmale-Grede.
Neben den langen Wartezeiten kämen noch weite Anfahrtswege hinzu und hob in diesem Zusammenhang die Zahlen „18, 29, und 67“ hervor. „Das sind nicht etwa die Tage, bis die Betroffenen bei einem Rheumatologen behandelt werden können, sondern es sind die Monate“, empörte sich die Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. Im Durchschnitt dauere es 18 Monate, bis ein Betroffener von einer Rheumatoiden Arthritis nach Symptombeginn bei einem Rheumatologen in die Versorgung kommt, bei Psoriasis Arthritis seien es 29 Monate und bei Axialer Spondyloarthritis oder Morbus Bechterew sogar 67 Monate, führte sie weiter aus. „Die Betroffenen erhalten also zu spät und zu selten wirksame Medikamente“, erläuterte sie die Konsequenz aus dem „Zeitgap“ zwischen dem Auftreten erster Symptome und der Behandlung.
Deshalb fordere die Deutsche Rheuma-Liga eine schnelle Überweisung zum Rheumafacharzt, Frühsprechstunden, die Einbindung von Fachassistenten, um die Ärzte zu entlasten. Auch die Digitalisierung biete neue Chancen, um den Zugang in die Fachversorgung zu beschleunigen, wie es etwa das Projekt Rheuma-Vor gezeigt habe.
Zudem fordert die Liga, die Anzahl niedergelassener Rheumatologen deutlich zu erhöhen und auch deren Ausbildungsbedingungen zu verbessern. „Eine Rheumatologin oder ein Rheumatologe auf 50.000 Einwohner sind notwendig“, so Schmale-Grede. (hr)
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