Neue Methode zur Kartierung der Hörbahn
Forschende haben eine nichtinvasive Methode zur Kartierung der menschlichen Hörbahn entwickelt, die Ärzten helfen könnte, die beste chirurgische Strategie für Patienten mit hochgradigem Hörverlust zu finden.
Die Prävalenz des kongenitalen sensorineuralen Hörverlusts (SNHL) ist in den letzten zwei Jahrzehnten von 1,09 auf 1,7 Fälle pro 1.000 Lebendgeburten gestiegen. Bei angeborenem SNHL kann der Mangel an Spracheingängen, die das Sprachnetzwerk über die Hörbahn erreichen, dessen ordnungsgemäße Entwicklung behindern, was zu schlechteren Sprachfähigkeiten führt.
Die aktuell wichtigsten Behandlungsmethoden für hochgradiges SNHL sind Cochlea- und die Hirnstammimplantation. Während beide Optionen das Hörvermögen teilweise wiederherstellen, können die Ergebnisse bei der Sprachentwicklung unterschiedlich ausfallen. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Innenohrfehlbildungen (IEM) oder Cochlea-Nerv-Defiziten (CND), die zu 15 bis 39 Prozent der angeborenen SNHL-Fälle beitragen.
„Bei SNHL, der durch CNDs und/oder IEMs verursacht wird, besteht große Unsicherheit bezüglich der besten Behandlungsmethode. Das liegt daran, dass es schwierig ist, den Zustand des Cochlea-Nervs zu beurteilen und zwischen bestimmten Arten von IEM zu unterscheiden. Beides hat Auswirkungen auf die chirurgische Entscheidungsfindung“, sagte der Hauptautor Hao Wu, Professor und Chefarzt für HNO-Heilkunde am Shanghai Ninth People’s Hospital, Shanghai Jiao Tong University School of Medicine, China. „Wir brauchen daher eine effektivere Methode, um die Hörbahn abzubilden und tiefer in die Frage einzutauchen, wie sich IEMs und CNDs auf die Entwicklung des Sprachnetzwerks auswirken.“
Im Rahmen der Studie untersuchte Wus Team die Hör- und Sprachpfade von 23 Kindern unter sechs Jahren. Darunter waren zehn Kinder mit normalem Hörvermögen und 13 mit hochgradigem SNHL. In der letztgenannten Gruppe hatten sieben Kinder eine Cochlea-Implantation erhalten, zwei hatten eine Hirnstamm-Implantation erhalten und vier waren Kandidaten für eine Hirnstamm-Implantation.
Da die menschliche Hörbahn schwer nichtinvasiv zu untersuchen ist, entwickelte das Team eine neue Methode zur Rekonstruktion der Hörbahn. Zunächst segmentierten sie die subkortikalen auditorischen Strukturen mithilfe Track-density-imaging, die aus einer bestimmten Art von MRT-Scan rekonstruiert wird und viel mehr Details und Informationen über die strukturelle Konnektivität des Gehirns liefert. Auf diese Weise konnten sie den Nucleus cochlearis und den superioren olivären Komplex der Hörbahn abgrenzen. Anschließend verfolgten sie die Hör- und Sprachbahnen mit einer Neuroimaging-Technik namens probabilistische Traktographie, die die Informationen eines MRT-Scans nutzt, um die wahrscheinlichste Ansicht der strukturellen Gehirnkonnektivität zu liefern. Anschließend führte das Team eine fixelbasierte Analyse durch, um die Dichte und den Querschnitt der Nervenfasern in den Hör- und Sprachbahnen zu bewerten.
Mit dieser kombinierten Methodik konnten die Forschenden drei Schlüsselbereiche untersuchen, die als Grundlage für die chirurgische Entscheidungsfindung dienen können: den Zustand der Nervenfasern im Sprachnetzwerk von Kindern mit hochgradigem SNHL, die möglichen Auswirkungen von IEMs und CNDs auf die Entwicklung des Netzwerks vor dem chirurgischen Eingriff und die Beziehung zwischen der strukturellen Entwicklung des Netzwerks vor der Implantation und dem auditiven Ergebnis und Sprachergebnis nach der Implantation.
Die Studie belegt eine geringere Nervenfaserdichte bei Kindern mit hochgradigem SNHL im Vergleich zu Kindern mit normalem Hörvermögen. Diese Reduktion war in zwei Regionen der unteren zentralen Hörbahn sowie in der linken Sprachbahn am stärksten ausgeprägt.
Darüber hinaus zeigte sich, dass die Sprachbahn empfindlicher als das zentrale Hörsystem auf IEMs und/oder CNDs reagiert. Das bedeutet, dass die strukturelle Entwicklung der Sprachbahn durch den Zustand der peripheren Hörstruktur stärker beeinträchtigt wird. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass weitere Studien erforderlich sind, um dieses Ergebnis zu bestätigen. Da es schwieriger ist, die zentrale Hörbahn abzubilden als die Sprachbahn, könnte dieser Unterschied auf die Einschränkungen der derzeitigen neurologischen Bildgebungstechnologien zurückzuführen sein.
Die Autoren weisen auf Einschränkungen der Studie hin. So ist die Patientenkohorte relativ klein und der genetische Datensatz unvollständig. Weitere Studien mit einer vielfältigeren Patientenpopulation seien erforderlich. Dennoch heben die Autoren hervor, dass die Methode bei weiterer Validierung in größerem Umfang zur Entscheidungsfindung bei der Behandlung von schwerem SNHL eingesetzt werden könnte.
„Unsere Studie stellt ein neues Verfahren zur Rekonstruktion der zentralen Hörbahn vor und bietet einen ersten Rahmen für eine umfassende prächirurgische Bewertung, die als Grundlage für chirurgische Entscheidungen bei der Behandlung von SNHL dienen kann“, fasst Wu zusammen. Er hofft, dass die Methoden in Zukunft in einem breiteren klinischen Umfeld eingesetzt werden können, um über frühzeitige Interventionen bei Kindern mit hochgradigem SNHL zu entscheiden und so deren postoperative Ergebnisse zu verbessern.
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