Kliniken warnen vor Finanznöten – Weiter Debatte um Reformpläne
Bund und Länder ringen seit Wochen mühsam um eine Neuaufstellung des Kliniknetzes. Die komplexe Operation soll auch wirtschaftlichen Druck von Krankenhäusern nehmen – denn die Lage ist vielerorts angespannt.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat vor akuten Finanznöten vieler Kliniken gewarnt. „Wir gehen davon aus, dass sich aktuell 20 bis 30 Prozent der Kliniken mit der Frage der Insolvenz befassen, weil sie keine klare Fortführungsprognose haben oder nicht mehr kreditwürdig sind”, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß der „Rheinischen Post” (Samstag, 27. Mai). Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform sei «nicht geeignet, das ungeordnete Kliniksterben zu verhindern”. Der Minister wolle Geld nur umverteilen, aber kein zusätzliches bereitstellen. Dabei dränge die Zeit, den Kliniken fehlten bis Jahresende zehn Milliarden Euro.
Lauterbach will an diesem Donnerstag erneut mit den Ländern über die geplante Neuaufstellung der Krankenhäuser beraten und strebt über den Sommer konkretere Vorschläge an. Im Kern soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um Kliniken von ökonomischem Druck zu lösen. Um nicht auf immer mehr Fälle angewiesen zu sein, sollen sie einen größeren Anteil schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Im Blick steht auch, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.
Gaß sagte, die Spezialisierung bei komplexen Behandlungen sei richtig und finde auch bereits statt. „Doch es ist ein Fehler, eine Bundesschablone über die Kliniklandschaft zu legen und funktionierende Strukturen zu zerschlagen.”
Ärztepräsident Klaus Reinhardt sprach von einer notwendigen Reform. „Wenn man das dem Markt und dem freien Spiel der Kräfte überlässt, dann führt das nicht zu einer vernünftigen und sinnvollen Anpassung an die Erfordernisse”, sagte er am Sonntag (28. Mai) im Deutschlandfunk. Sonst könnten unter Umständen Krankenhäuser vom Netz gehen, die man hätte behalten wollen. Er unterstützte es, hoch spezialisierte Angebote stärker in Ballungszentren zu konzentrieren. Da müsse ein Patient in bestimmten Fragestellungen tatsächlich etwas mehr Distanz überwinden, werde aber sicher an einem Ort versorgt, an dem Expertise herrsche. „Das, glaube ich, ist im Sinne von Patientinnen und Patienten.”
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte besonderes Augenmerk auch für dünner besiedelte Regionen. „Die Ballungszentren sind überversorgt. Doch der ländliche Raum blutet aus”, sagte Vorstand Eugen Brysch am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte, mit einem Sofortprogramm mindestens 250 ländliche Krankenhäuser zu stützen. Ohne Prioritätenliste für Investitionen und Sondermittel zeichne sich für Kranke eine gefährliche Entwicklung ab.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek mahnte einen „angemessenen Zeitplan” an. Der Bund dürfe in der Vorbereitung wie auch in der Umsetzung keine überhastete Reform hinlegen, sondern müsse gründlich auf Bedenken der Länder und Praktiker eingehen, sagte der CSU-Politiker am Montag (29. Mai). Wichtig sei auch, den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu entschärfen. Nötig sei ein klares Bekenntnis zu einer guten medizinischen Versorgung auch in ländlichen Räumen.
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