Gicht: Ursachen, Symptome, Behandlung – _
Wie lässt sich Gicht behandeln?
Kommt es zu einem Gichtanfall oder liegen bereits seit längerem Beschwerden vor, ist der Hausarzt zumeist der erste Ansprechpartner. Meist stellt dieser die Diagnose und kümmert sich um die Therapie. Kommt es zu Komplikationen oder schlägt die Therapie nicht an, überweist Ihr Hausarzt Sie wahrscheinlich an einen Facharzt für Gicht. Das sind in der Regel Internisten (Facharzt für Innere Medizin) oder Rheumatologen, die insbesondere bei chronischer Gicht die oft geschädigten Gelenke, Muskeln und Sehnen versorgen.
Bei der Gicht-Behandlung geht es vor allem darum, den Überschuss von Harnsäure im Blut auf ein gesundes Niveau zu senken. Eine Therapie ist bei Gicht im Grunde immer notwendig, da sie nicht von alleine weggeht. Nach einem ersten Gichtanfall ist es jedoch nicht zwingend erforderlich, mit Medikamenten zu behandeln. Neben den Standardtherapien gibt es noch einiges mehr, das gegen Gicht hilft oder die Beschwerden lindert.
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Gicht: „Lassen Sie Ihren Harnsäurewert testen!“
Drei Fragen an
Prof. Dr. med. Christoph Bamberger,
Internist und Endokrinologe -
Prof. Dr. med. Christoph Bamberger,
Internist und EndokrinologeDer Hormonexperte gründete 2006 das Medizinische Präventions Centrum Hamburg (MPCH), jetzt Conradia Medical Prevention, dessen Direktor er bis heute ist.
Werden Sie selbst aktiv gegen Gicht
Viel lässt sich schon durch einen veränderten Lebensstil erreichen, insbesondere durch eine angepasste Ernährung. Reicht das zur Gicht-Therapie nicht aus, ist eine Behandlung mit Medikamenten notwendig.
Ernährung umstellen bei Gicht
Betroffene haben selbst einige Möglichkeiten, dazu beizutragen, den Harnsäurespiegel zu senken. Dabei spielt die Umstellung der Ernährung eine entscheidende Rolle:
Purinreiche Lebensmittel nur in kleinen Portionen: Purine sind in unterschiedlichen Mengen in einigen Nahrungsmitteln enthalten. Zu den purinreichen Lebensmitteln gehören Fleisch (vor allem Innereien), Wurst, Meeresfrüchte und bestimmte Fischarten. Üppiges Essen mündet daher bei einer Veranlagung zu Gicht mitunter in einem akuten Gichtanfall. Es ist empfehlenswert, diese Lebensmittel in geringeren Mengen zu verzehren.
Möglichst wenig Alkohol: Übermäßiger Alkoholgenuss ist bei Gicht besonders problematisch. Die Nieren scheiden seine Abbauprodukte aus. Dabei machen sie der Harnsäure Konkurrenz. So bremst Alkohol den Abbau von Harnsäure und lässt deren Spiegel steigen. Bei Risikopersonen provozieren im schlimmsten Fall selbst kleine Mengen Alkohol einen Gichtanfall. Besonders kritisch ist Bier. Es enthält neben Alkohol auch noch viel Purin.
Vorsicht mit Fruchtzucker: Fruktose steckt nicht nur in Früchten. Sie ist oft auch als Süßungsmittel in Säften, Joghurt oder anderen Speisen enthalten. Der Abbau von Fruktose im Körper verstärkt die Purinbildung. Gleichzeitig hemmt der Zucker, ähnlich wie Alkohol, die Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren.
Sparen Sie Fett: Auch zu viel Fett hemmt die Ausscheidung von Harnsäure. Experten empfehlen darum, möglichst wenig fettreiche Nahrungsmittel zu sich nehmen – decken Sie nicht mehr als 30 Prozent Ihrer täglichen Kalorienzufuhr über Fett. Diese Grenze ist jedoch schnell erreicht, denn Fett hat von allen Nährstoffen die höchste Energiedichte.
Achten Sie besonders auf versteckte Nahrungsfette, beispielsweise in Wurstwaren oder Fertigprodukten.
Wenn Sie noch genauer wissen möchten, wie Sie sich am besten bei Gicht ernähren, lesen Sie hierzu den Text Gicht – Ernährung.
Weitere Tipps gegen Gicht
Reduzieren Sie Übergewicht: Bei einem Body-Maß-Index von über 25 empfehlen Ärzte, Körpergewicht abzubauen. Wenn Sie weniger wiegen, sinkt Ihr Harnsäurespiegel automatisch. Aber aufgepasst: Nehmen Sie langsam und kontrolliert ab. Strenges Fasten birgt die Gefahr, einen akuten Gichtanfall auszulösen!
Trinken Sie viel: Ernährungswissenschaftler empfehlen, mindestens zwei Liter täglich zu trinken, am besten Mineralwasser oder ungesüßten Tee. Die Flüssigkeit im Körper hilft dabei, die Harnsäurekonzentration niedrig zu halten und unterstützt die Filterfunktion der Niere. Das schwemmt zusätzlich Harnsäure aus und der Harnsäurespiegel sinkt.
Bewegen, aber nicht übertreiben: Bewegung wirkt sich positiv auf die Gichtgelenke aus. Die Funktion bessert sich und Entzündungssymptome klingen schneller ab. Überanstrengen Sie sich aber nicht – durch übermäßiges Training entsteht vermehrt Milchsäure, die den Abbau von Harnsäure über die Nieren verlangsamt. Regelmäßige Spaziergänge hingegen sind empfehlenswert.
Medikamente zur Harnsäurereduktion
Heilen lässt sich die Gicht mit Medikamenten nicht. Sobald Sie die Arzneien absetzen, geht ihr Einfluss auf den Harnsäurespiegel verloren und dieser steigt wieder an.
Ärzte empfehlen daher die Einnahme von Harnsäuresenkern beispielsweise in folgenden Fällen:
- Bei Harnsäure-Werten über neun Milligramm pro Deziliter Blutserum
- Bei familiärer Vorbelastung für Gicht und erhöhtem Harnsäurespiegel
- Bei Gelenk-Gicht
- Beim Vorliegen von Nierensteinen
- Bei chronischer Gicht
Zur Behandlung eines zu hohen Harnsäurespiegels gibt es zwei Kategorien an Medikamenten: Entweder sie fördern die Harnsäure-Ausscheidung oder sie hemmen deren Produktion.
Zu Beginn einer Gicht-Behandlung verordnen Ärzte oft beide Klassen von Harnsäuresenkern. Zur langfristigen Gicht-Behandlung setzen sie vor allem Wirkstoffe ein, die die Produktion blockieren.
Urikosurika – verstärkte Harnsäureausscheidung
Urikosurika bewirken, dass der Körper vermehrt Harnsäure ausscheidet. In diese Gruppe gehört zum Beispiel Benzbromaron. Die Gicht-Behandlung mit Urikosurika beginnt in kleinen Dosen, da bei größeren Dosen die Gefahr für einen Gichtanfall besteht. Wichtig ist, dass die Patienten mehr als zwei Liter pro Tag trinken.
Urikostatika – reduzierte Harnsäurebildung
Urikostatika enthalten den Wirkstoff Allopurinol. Er hemmt ein Enzym, das für den letzten Schritt der Harnsäurebildung notwendig ist. Dadurch befinden sich im Blut vermehrt die Vorstufen der Harnsäure. Diese sind jedoch besser wasserlöslich, wodurch sie der Körper leichter ausscheidet als die Harnsäure selbst. Durch eine Behandlung mit Urikostatika lösen sich sogar bereits entstandene Ablagerungen von Harnsäurekristallen auf. Sogenannte Gichttophi und Nierensteine bilden sich so im Idealfall zurück.
Was tun bei einem akuten Gichtanfall?
Medikamente zur langfristigen Gichttherapie sind bei einem akuten Gichtanfall ungeeignet. Hier geht es vor allem darum, Beschwerden wie Schmerzen möglichst schnell zu lindern. Besonders wirksame Hilfe bei Gicht bieten entzündungshemmende Schmerzmittel.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind das erste Mittel der Wahl in der akuten Gicht-Behandlung. Sie enthalten kein Kortison. Gichtpatienten erhalten vor allem Indometacin, Diclofenac oder Ibuprofen. In der Regel bessern sich die Beschwerden schon innerhalb weniger Stunden.
Kortisontherapie: Reichen NSAR nicht aus, setzen Ärzte kortisolhaltige Glukokortikoide ein, zum Beispiel Prednisolon. Sind größere Gelenke wie das Knie von Gicht betroffen, spritzt der Arzt das Kortison mitunter direkt in das Gelenk. Bei kleineren Gelenken wird Kortison in Tablettenform verabreicht. Die Kortison-Präparate dürfen Sie jedoch nicht länger als einige Tage lang einnehmen.
Bei eingeschränkter Nierenfunktion behandelt der Arzt in der Regel sofort mit Kortison. Eine Gichtanfall-Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika ist dann nicht möglich.
Colchizin: Früher wurde Gicht häufig mit Colchizin behandelt. Heute verordnen es Ärzte wegen seiner Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen kaum noch. In der Schwangerschaft darf es nicht eingenommen werden. Auch für Männer, die in nächster Zeit ein Kind zeugen möchten, ist es ungeeignet.
Keine Selbstbehandlung mit Schmerzmitteln!
Die Eigenbehandlung mit frei verkäuflichen, rezeptfreien Schmerzmitteln ist riskant. Acetylsalicylsäure beispielsweise erhöht mitunter den Harnsäurespiegel erheblich. Bei einem beschwerdefreien Gichtpatienten löst sie manchmal sogar einen akuten Anfall aus. Ärzte raten dringend davon ab, eine Gicht-Behandlung in Eigenregie durchzuführen. Gehen Sie hierzu immer mit Ihrem Arzt ins Gespräch.
Salben, die beispielsweise Diclofenac als Wirkstoff enthalten, sind in der Regel unbedenklich und begleitend zur lokalen Anwendung bei schmerzenden Gelenken anwendbar. Aber auch hierbei empfiehlt es sich, vor der Verwendung mit dem behandelnden Arzt zu sprechen.
Therapie auch bei Beschwerdefreiheit
Um Folgeerkrankungen zu vermeiden, ist eine konsequente Therapie bei Gicht entscheidend. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt eine harnsäuresenkende Therapie über mindestens fünf Jahre. Wenn sich bereits Tophi gebildet haben, ist die Behandlung für weitere fünf Jahre nach deren Auflösung angezeigt.
Operationen bei Gicht
Sind einzelne Gelenke durch die Gicht bereits stark geschädigt, besteht die Option, sie durch künstliche Gelenke zu ersetzen. Ein solcher Eingriff erfolgt stationär. Nach der Operation ist ein Aufenthalt von einigen Tagen im Krankenhaus notwendig.
Daran schließt sich eine Bewegungs- und Ergotherapie an, damit die Betroffenen lernen, mit dem neuen Gelenk umzugehen. Ein neues Gelenk verursacht manchmal zu Beginn starke Schmerzen. In der Regel ist dieser Eingriff letztlich aber schmerzloser als weiterhin mit dem kaputten Gelenk zu leben.
Auch Gichttophi lassen sich operativ entfernen. Die kleinen knötchenartigen Verdickungen der Haut bilden sich vor allem oberhalb der Gelenke und am Ohrknorpel. Sie sind zwar harmlos, Betroffene empfinden sie allerdings häufig als kosmetisches Problem. Zur operativen Entfernung ist nur eine lokale Betäubung notwendig. In Einzelfällen bilden sich an den Stellen, an denen der Arzt die Tophi entfernt hat, kleine Narben. In der Regel lassen sie sich aber restlos entfernen.
Physikalische Gicht-Behandlung
Eine physikalische Gicht-Therapie zielt darauf ab, bestehende Beschwerden zu verringern und Schmerzen zu reduzieren. Außerdem soll sie bei einer länger bestehenden Gicht Gelenkschäden und -fehlstellungen vorbeugen.
- Wärme- und Kältebehandlungen sowie Ultraschall- und Elektrotherapie helfen, Gichtschmerzen in den Gelenken zu reduzieren.
- Verfahren zur Muskelentspannung reduzieren Schmerzen.
- Krankengymnastik kräftigt die Muskeln und entlastet so die Gelenke.
- Krankengymnastik und Ergotherapie beugen Bewegungseinschränkungen und Fehlstellungen der Gelenke vor oder korrigieren diese.
Homöopathie bei Gicht
Viele Betroffene schwören bei der Frage „Was hilft gegen Gicht?“ auf homöopathische Arzneien. Allerdings ist die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel bislang nicht nachgewiesen worden. Wer von diesen überzeugt ist, für den sind sie therapiebegleitend eine Option. Eine Lebensstiländerung, oder wenn nötig, schulmedizinische Medikamente empfehlen sich dennoch als Hauptbestandteile einer Gicht-Therapie. Homöopathische Gichtmittel sind:
- Bryonia: Empfohlen vor allem bei akuten Schmerzen und zur allgemeinen Entspannung des Gemütszustandes
- Colchicum: Bei Übelkeit und einem allgemeinen Unwohlsein
- Ledum: Ergänzend bei erfolgreichen, schmerzlindernden Kälteanwendungen
- Lycopodium: Bei akuten Schmerzen und einem unruhigen Allgemeinzustand
- Belladonna: Gegen starke Schmerzen und Fieber
Das Konzept der Homöopathie und ihre spezifische Wirksamkeit sind umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt.
Hausmittel bei Gicht
Bei einem Gichtanfall gelten folgende Hausmittel als eine sinnvolle Ergänzung zur Gicht-Therapie:
- Gelenke schonen: Stellen Sie das betroffenen Gelenk ruhig. Belasten Sie es erst dann wieder, wenn Sie keine Beschwerden mehr haben. Eventuell ist Bettruhe erforderlich.
- Gelenke kühlen: Kühlende Umschläge lindern Schmerzen in den Gelenken. Dazu reicht ein in kaltes Wasser getränktes Handtuch. Alternativ eignen sich auch Quark-Wickel. Quark hält die Kälte länger als ein nasses Tuch. Coolpacks sind zu kalt und verursachen schnell Hautschäden. Kühlen Sie nicht länger als zehn Minuten am Stück, dafür mehrmals täglich.
- Gelenke wärmen: Auch Wärme ist zur Linderung von Schmerzen geeignet, beispielsweise durch Bäder in warmem Wasser. Dadurch entspannen sich Muskeln und Gelenke, was die Schmerzen reduziert. Als Badezusatz sind Heublumen oder Kamillenblüten als Gichtanfall-Hausmittel empfehlenswert.
- Tee trinken: Gut gegen Gicht ist das Trinken von Tee. Er schwemmt die Harnsäure aus dem Körper. Experten empfehlen häufig spezielle Tees, etwa aus Leinsamen, Birkenblättern oder als Aufguss mit einer Knoblauchzehe. Grundlage der Wirkung von Tee ist jedoch, dass er harntreibend ist.
Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.
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