Einsamkeit erhöht bei Diabetikern das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie ist Einsamkeit ein größerer Risikofaktor für Herzerkrankungen bei Patienten mit Diabetes als Ernährung, Bewegung, Rauchen und Depressionen.
„Die Qualität der sozialen Kontakte scheint für die Herzgesundheit von Menschen mit Diabetes wichtiger zu sein als die Anzahl der Kontakte“, berichtet Prof. Lu Qi von der Tulane University School of Public Health and Tropical Medicine in New Orleans (USA), Letztautor der aktuellen Arbeit. [1] „Wir sollten die Bedeutung der Einsamkeit für die körperliche und emotionale Gesundheit nicht herunterspielen. Ich würde Patienten mit Diabetes, die sich einsam fühlen, ermutigen, sich einer Gruppe oder einem Kurs anzuschließen und zu versuchen, Freundschaften mit Menschen zu schließen, die dieselben Interessen haben.“
Bedeutung des Fehlens sozialer Kontakte
„Einsamkeit und soziale Isolation sind in heutigen Gesellschaften weit verbreitet und in den letzten Jahren zu einem Forschungsschwerpunkt geworden, insbesondere angetrieben durch die COVID-19-Pandemie und die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft“, konstatieren PD Dr. Kai G. Kahl von der Forschungsgruppe „Psychokardiologie und Psychotherapie“ an der Medizinischen Hochschule Hannover und Co-Autoren in einem die Publikation von Qi et al. begleitenden Kommentar. [2] Einsamkeit bezieht sich dabei auf die Qualität sozialer Kontakte, Isolation auf deren Quantität. Kahl et al. fügen hinzu: „Die menschliche Spezies ist von Natur aus sozial. Menschen benötigen nicht nur die Anwesenheit anderer, sondern sind auch auf sinnvolle soziale Beziehungen angewiesen, um sich zu einem gesunden Erwachsenen zu entwickeln. Als Einzelpersonen streben wir danach, einer Familie, einer Peergroup, einer Gemeinschaft anzugehören. Diese sozialen Interaktionen mit Familie, Freunden, Nachbarn oder Kollegen sind für unser körperliches und geistiges Wohlbefinden von größter Bedeutung.“
Zusammenhang von Einsamkeit und kardiovaskulären Erkrankungen
Patienten mit Diabetes besitzen ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sind häufiger einsam als ihre gesunden Altersgenossen, wie ältere Untersuchungen zeigen. [3,4] Frühere Studien in der Allgemeinbevölkerung haben ergeben, dass Einsamkeit und soziale Isolation mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind. [5] In der neuen Studie an Patienten mit Diabetes wurde untersucht, ob Patienten, die einsam oder sozial isoliert waren, häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkrankten als diejenigen, bei denen dies nicht der Fall war.
Die Untersuchung umfasste 18.509 Erwachsene im Alter von 37 bis 73 Jahren aus der UK Biobank, die an Diabetes, aber zu Studienbeginn noch nicht an Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten. Einsamkeit und Isolation wurden anhand von Fragebögen bewertet, wobei Hochrisikomerkmalen jeweils ein Punkt zugewiesen wurde. Einsamkeitsmerkmale mit hohem Risiko waren, dass man sich einsam fühlte und sich nie oder fast nie jemandem anvertrauen konnte, was einer Gesamtpunktzahl von 0 bis 2 entsprach. Faktoren mit hohem Risiko für soziale Isolation waren Alleinleben, Besuch von Freunden und Familie seltener als einmal im Monat, und wenn man nicht mindestens einmal pro Woche an sozialen Aktivitäten teilnahm, was einer Gesamtpunktzahl von 0 bis 3 entsprach.
Etwa 61,1 Prozent beziehungsweise 29,6 Prozent und 9,3 Prozent der Teilnehmer kamen auf Einsamkeitswerte von 0 beziehungsweise 1 oder 2, während 44,9 Prozent und 41,9 Prozent sowie 13,2 Prozent Isolationswerte von 0 beziehungsweise 1 oder >2 hatten. Die Forschenden analysierten den Zusammenhang zwischen Einsamkeit, Isolation und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter Berücksichtigung von Faktoren, die die Zusammenhänge beeinflussen könnten, darunter Geschlecht, Alter, Armut, Body-Mass-Index (BMI), Einnahme von Medikamenten, körperliche Aktivität, Ernährung, Alkohol- und Zigarettenkonsum sowie die Einstellung des Blutzuckers, des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels.
Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 10,7 Jahren entwickelten 3247 Teilnehmer eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, davon 2771 eine koronare Herzkrankheit, und 701 erlitten einen Schlaganfall (bei manchen Patienten trat beides auf). Im Vergleich zu den Teilnehmern mit dem niedrigsten Einsamkeitswert war das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei denjenigen mit den Werten 1 beziehungsweise 2 um elf Prozent beziehungsweise 26 Prozent höher. Ähnliche Ergebnisse wurden bei koronarer Herzkrankheit beobachtet, der Zusammenhang mit Schlaganfall war jedoch nicht signifikant. Die Ergebnisse bezüglich sozialer Isolation standen in keinem signifikanten Zusammenhang mit den kardiovaskulären Ergebnissen.
Die Forscher bewerteten auch die relative Bedeutung der Einsamkeit im Vergleich zu anderen Risikofaktoren für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einsamkeit zeigte einen schwächeren Einfluss als Nierenfunktion, Cholesterin und BMI, aber einen stärkeren Einfluss als Depression, Rauchen, körperliche Aktivität und Ernährung.
Einsamkeit: Stärkerer prädisponierender Faktor als andere Merkmale
„Einsamkeit wurde als prädisponierender Faktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen höher eingestuft als verschiedene Lebensgewohnheiten“, erklärt Qi. „Wir fanden auch heraus, dass bei Patienten mit Diabetes die Folgen körperlicher Risikofaktoren (d.h. schlecht eingestellter Blutzuckerspiegel, hoher Blutdruck, hoher Cholesterinspiegel, Rauchen und schlechte Nierenfunktion) bei einsamen Patienten größer waren als bei denen, die nicht an Einsamkeit litten.“ Qi kommt zu dem Schluss: „Die Ergebnisse legen nahe, dass die Befragung von Diabetikern zum Thema Einsamkeit Teil der Standardbeurteilung werden sollte und die Betroffenen an psychiatrische Dienste überwiesen werden sollten.“
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