Alkoholismus (Alkoholsucht): Anzeichen, Folgen – _
Alkoholsucht: Behandlung
Auch wenn abhängige Menschen ihre Alkoholsucht nicht länger verdrängen können, suchen die wenigsten sofort Hilfe bei Alkoholsucht. Zum einen ist die Scham sehr groß. Zum anderen ist der Gedanke, auf Alkohol verzichten zu müssen, für viele nicht vorstellbar.
Doch Alkoholismus ist eine lebensbedrohliche Krankheit. Sie kann nur in den seltensten Fällen alleine bewältigt werden. Zögern Sie daher nicht, sich bei Alkoholsucht Hilfe zu suchen, wenn sie fürchten, zu viel zu trinken.
Abstinenz oder reduziertes Trinken?
Wer noch nicht abhängig ist vom Alkohol, hat gute Chancen, seinen Konsum wieder zu reduzieren – am besten unter Anleitung.
Ist die Sucht aber erst einmal entstanden, wird sie zum lebenslangen Begleiter. Ziel einer Entwöhnungstherapie ist in der Regel eine vollständige Alkoholabstinenz. Viele Alkoholkranke können sich einen vollständigen Verzicht auf Alkohol jedoch (zumindest zunächst) nicht vorstellen. Damit fielen sie in der Vergangenheit aus dem Raster der Hilfsangebote meist heraus.
Inzwischen haben Suchtexperten ihre Haltung geändert. Seit 2015 empfehlen die Leitlinien zur Alkoholtherapie auch das reduzierte Trinken als mögliches Therapieziel für Alkoholkranke, die eine Abstinenz nicht schaffen.
Unter Umständen erscheint dem Patienten im Laufe der Zeit der völlige Verzicht dann doch machbar – oder sogar leichter als die Trinkreduktion. Denn die dauernde Selbstkontrolle der Trinkmenge ist nicht einfach. Der Drang nach mehr bleibt bestehen.
Für die meisten Angebote zur Alkoholentwöhnung ist die Bereitschaft zur Abstinenz allerdings nach wie vor die Grundvoraussetzung.
Anlaufstellen bei Alkoholismus
Erster Ansprechpartner ist in der Regel der Hausarzt. Weitere Hilfe bei Alkoholsucht bieten Psychiater und Therapeuten, aber auch öffentliche Organisationen, Vereine und Beratungsstellen, die sich mit Alkoholismus beschäftigen.
Psychologische Entwöhnungstherapie
Um aus der Alkoholsucht herauszufinden, muss man sich von Grund auf neu aufstellen. Es gilt alte Gewohnheiten abzulegen, die Ursachen der Sucht aufzudecken und neue Wege zu finden, um mit Problemen und Stress umzugehen oder positive Gefühle zu erzeugen.
Eine Entwöhnungstherapie setzt sich immer aus verschiedenen Bausteinen zusammen, die die unterschiedlichen Aspekte der Sucht und ihre Verstärker adressieren: Kombiniert werden dazu Einzelgespräche und Gruppentherapie. Ergänzend hinzu kommen unter anderem Elemente wie Stressmanagement, Achtsamkeitstraining.
Einzeltherapie
Eine Suchtbehandlung basiert meist auf einer Kognitiven Verhaltenstherapie. In der Einzeltherapie arbeitete der Therapeut intensiv mit dem Patienten daran neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.
Wesentlicher Schritt ist dabei, die persönlichen Gründe für das Abrutschen in den Alkohol aufzudecken. Um abstinent zu bleiben muss der Patient gemeinsam mit dem Therapeuten neue Bewältigungsstrategien für die suchtauslösenden Situationen entwickeln. Er lernt, vom automatisierten Griff zur Flasche wegzukommen und neue Quellen für positive Gefühle zu finden.
Gruppentherapie
Gruppentherapie ist der zweite zentrale Baustein einer Suchtbehandlung. Die Erfahrung, andere, Menschen zu treffen, die die Sucht am eigenen Leibe erlebt haben, hilft Schamgefühle abzubauen. Im gegenseitigen Austausch können die Patienten von Tipps und Bewältigungsstrategien der anderen profitieren und sich gegenseitig Mut machen und unterstützen.
Der leitende Therapeut thematisiert oft auch zentrale Lebensthemen, die bei Sucht eine Rolle spielen: Lebensziele, Partnerschaft, Beziehung zu den Eltern, Verluste oder Ängste.
Familien- oder Systemische Therapie
Häufig hat die Sucht bereits die Beziehung zu Freunden und der Familie geschädigt. Oft besteht eine sogenannte Co-Abhängigkeit bei Alkoholismus: Der Angehörige hilft vermeintlich dem Kranken, beispielsweise in dem er ihn gegenüber Außenstehenden deckt oder sein Verhalten duldet.
Es können aber auch Familienprobleme zur Alkoholsucht beigetragen haben. Beides kann im Rahmen einer Familientherapie bearbeitet werden.
Im Mittelpunkt steht dabei meist ein offenes, respektvolles Kommunikationsverhalten ohne Schuldzuweisungen. Das erleichtert es beiden Seiten, wieder aufeinander zuzugehen. Die Angehörige lernen, wie sie den Kranken unterstützen, aber auch sich selbst abzugrenzen.
Achtsamkeitstraining
Bei Achtsamkeitsübungen wie dem „Body Scan“ richtet der Patient seine volle Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt. Er lernt, seine Gefühle, positive wie negative, deutlich wahrzunehmen, aber auch als etwas Vorübergehendes zu akzeptieren. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise ein drohender Rückfall frühzeitig erkennen, sodass der Patient rechtzeitig gegensteuern kann. Mit den Techniken lässt sich aber auch ein starker Suchtdruck bewältigen.
Stressreduktion
Stress ist bei den meisten Alkoholkranken eine zentrale Ursache – und immer wieder ein Auslöser von Rückfällen. Der Patient lernt in der Therapie, wie er sich weniger selbst stresst oder von außen stressen lässt. Ebenfalls hilfreich ist das Erlernen einer Entspannungsmethode wie Autogenes Training oder Progressive Muskelspannung nach Jacobson.
Medikamente gegen das Verlangen
Bei Menschen, die die Abstinenz mit einer Psychotherapie allein nicht schaffen, können zusätzliche Medikamente gegen Alkoholsucht helfen:
- Der Wirkstoff Naltrexon mindert die positive Wirkung von Alkohol. Bei Alkoholabhängigen werden diese Tabletten gegen Alkoholsucht häufig als Rückfallprophylaxe eingesetzt.
- Der Wirkstoff Disulfiram bewirkt eine starke Unverträglichkeit von Alkohol. Der Betroffene leidet dann beim Trinken von Alkohol unter Kopfschmerzen, Atemnot, Rötungen im Gesicht, Übelkeit und Erbrechen.
Stationär oder ambulant?
Stationäre Behandlung: Vom Alkohol loszukommen ist schwer. Oft gelingt das besser in einer auf Sucht spezialisierten Klinik. Zum einen ist man dort nicht mit trinkenden Mitmenschen konfrontiert und es ist schwierig, sich überhaupt Alkohol zu besorgen.
Für viele Patienten ist es aber vor allem wichtig, ganz aus dem gewohnten Umfeld herauszukommen und sich ganz auf sich selbst und die Überwindung der Erkrankung zu konzentrieren.
Schwer und langjährig erkrankte Patienten üben zudem oft keinen Beruf mehr aus und haben, abgesehen von ihren Trinkroutinen, kaum noch eine Tagesstruktur. In der Klinik haben sie Gelegenheit, sich wieder an einen geregelten Tagesablauf zu gewöhnen, neue Interessen zu entwickeln und lernen, Verantwortung für kleinere Aufgaben zu übernehmen. Eine stationäre Behandlung dauert meist zwischen drei und sechs Monaten.
Ambulante Entwöhnung: Für Patienten, die weniger schwer erkrankt sind, beispielsweise noch einen Beruf ausüben und sozial gut eingebunden sind, kann eine ambulante Behandlung sinnvoll sein. Diese kann, muss aber nicht berufsbegleitend ablaufen.
Vorteil ist, dass die Patienten das Leben ohne Alkohol gleich in „freier Wildbahn“ einüben. Sie lernen, alkoholische Getränke in geselligen Runden abzulehnen, sich beim Einkauf nicht vom Bier-, Schnaps- oder Weinangebot verlocken zu lassen oder belastende Situationen ohne Alkohol zu bewältigen. Eine ambulante Behandlung dauert meist neun bis zwölf Monate.
Kostenübernahme
Seit 1968 ist die Alkoholsucht als Krankheit anerkannt. Daher wird die Behandlung auch von der Krankenkasse, später vom Rententräger, beispielsweise der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, übernommen. Private Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht immer oder nicht immer vollständig. Die Erstattung hängt vom jeweiligen Vertrag ab.
Mit Rückfällen umgehen
Alkoholismus lässt sich nicht „löschen“. Wer einmal alkoholabhängig war, muss sich auch nach erfolgreichem Abschluss einer Alkoholismus-Therapie immer wieder neu gegen den Alkohol entscheiden. Jedes Glas kann einen schweren Rückfall auslösen. Auch wenn das erste alkoholische Getränk nach Langem scheinbar folgenlos bleibt, ist der Konsum meist innerhalb kürzester Zeit wieder auf dem alten Niveau.
Der Weg aus der Alkoholsucht ist lang und schwierig. Der Patient wird daher auf den Umgang mit möglichen Rückfällen vorbereitet. Rückfälle sind häufig und es ist wichtig, dass die Betroffenen diese nicht als persönliches Versagen, sondern als Teil des Lernprozesses betrachten. Wichtig ist es, dann zu erkennen, welche Auslöser es für den Rückfall gab, um diese künftig rechtzeitig abzuwenden.
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen leisten im Anschluss an die Therapie einen wesentlichen Beitrag, stabil zu bleiben. Durch die regelmäßigen Treffen bleibt das Thema Alkoholabhängigkeit präsent. Das schützt vor Rückfällen. In der Gruppe findet der Betroffenen Rückhalt und ein Verständnis, das Nichtbetroffene nicht aufbringen können. Manche vereinbaren persönliche Mentoren, die sie im Notfall kontaktieren können.
Kontrolliertes Trinken
Für die klassischen Therapieformen ist der Wille zur Abstinenz noch immer die Grundvoraussetzung. Einen anderen Ansatz verfolgt das sogenannte „kontrollierte Trinken“. Angedacht ist es nur für Betroffene, die noch nicht zu tief und nicht allzu lange in der Sucht stecken.
Das 10-Schritte-Programm wurde bereits vor Jahren von dem Psychologen Joachim Körkel entwickelt. Unter anderem soll der Kranke erkennen, zu welchen Gelegenheiten er trinkt, ein Trinktagebuch führen und feste Trinkziele festlegen und einhalten lernen.
Die Regeln sind jedoch strikt: Er muss vorab Zeit, Ort, Umstände und Trinkmenge festlegen. Letztere sollte so niedrig angesetzt sein, dass sich kaum eine Wirkung entfaltet. Experten kritisieren, dass der Kontrollverlust Teil der Erkrankung ist und kontrolliertes Trinken daher für Suchtkranke ein Widerspruch in sich sei.
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